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Bei der gestrigen Haushalts-Debatte im Pfaffenhofener Stadtrat ging es vor allem zwischen CSU und SPD robust zur Sache

Von Tobias Zell

Es wurde wahrlich nicht an Spitzen und Bissigkeiten gespart bei den Haushaltsreden am gestrigen Abend im Pfaffenhofener Stadtrat. Vor allem zwischen der SPD um Bürgermeister Thomas Herker und Fraktionschef Markus Käser auf der einen Seite sowie CSU-Fraktionschef Martin Rohrmann und Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) auf der anderen Seite wurde scharf geschossen. Aber das gehört halt zum politischen Geschäft, wenn es um den Etat geht. Die verbalen Giftpfeile, die da durch den Sitzungssaal zischten, waren aber unverkennbar. 

Der Haushaltsplan (nebst Investitionsprogramm für 2016 bis 2018) wurde am Ende – gegen die Stimmen sämtlicher Christsozialen – beschlossen und weist ein Rekord-Volumen von rund 72 Millionen Euro auf. Wirkliche Überraschungen enthält das 638 Seiten starke Geheft indes eher nicht, die enthaltenen großen Projekte zeichneten sich seit Langem ab. Viel spannender ist da schon der Blick darauf, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Das Ziel, auf das Herker noch einmal verwies, lautet: Trotz der immensen Investitionen den Schuldenstand nicht über 20 Millionen klettern zu lassen – also unter 800 Euro pro Einwohner zu halten. So hat man es sich mehrheitlich überlegt.

Deshalb wollte die bunte Koalition ja neben der Grundsteuer B eigentlich auch die Gewerbesteuer deutlich erhöhen. Zweiteres ist für heuer erst einmal vom Tisch – bekanntlich dank der guten Geschäftsentwicklung beim Pharma-Unternehmen Daiichi-Sankyo, dem größten Gewerbesteuer-Zahler am Ort. Der überweist heuer 40 Prozent mehr Geld als geplant, weshalb man von der Erhöhung des Hebesatzes nun auch erst einmal Abstand nimmt – weil die 18,5 Millionen, die man aus der Gewerbesteuer einkalkuliert hat, auch so in die Kasse fließen. 

„Beschränkter Gestaltungswille“

Herker erinnerte in seiner Haushalts-Ansprache an die Agenda, die sich die bunte Koalition einst bei ihrem Antritt im Jahr 2008 gegeben hatte. Demnach soll Pfaffenhofen „lebendig, attraktiv und nachhaltig“ sein. Sonderlich flammend war die Rede des Rathauschefs nicht. Aber er musste ja auch niemanden überzeugen: Die Mehrheit wusste er in Form seines bunten Bündnisses sowieso hinter sich – und dass die CSU geschlossen Nein sagen würde zu dem vorgelegten Etat, das hatte Florian Schranz bereits im Vorfeld recht unmissverständlich prophezeit.

Hier setzte dann auch Herker an, um den ersten Giftpfeil in Richtung der Christsozialen abzuschießen. „Leider“ hätten „Teile des Stadtrats“ schon bei der Vorbereitung des Haushalts nicht zustimmen können, meinte er und monierte: Allerdings seien von da auch keine Vorschläge gekommen. „Gestaltungswille scheint hier nur beschränkt vorhanden zu sein“, hielt er deshalb der CSU vor. 

„Kein roter Faden“ 

CSU-Fraktionschef Rohrmann, im Hauptberuf Anwalt, eröffnete seine Haushalts-Rede mit einem Verweis auf die Gemeindeordnung. Er verwies auf die Grundsätze der Sparsamkeit und der wirtschaftlichen Planung der Aufgabenerfüllung, die es demnach einzuhalten gelte. Nach Ansicht der Christsozialen werden Herker und die bunte Koalition (SPD, FW, ÖDP, Grüne) diesem Postulat aber derzeit nicht gerecht. 

Der Haushalt sei handwerklich in Ordnung, lobte Rohrmann den Stadtkämmerer Rudi Koppold und dessen Team, um dann aber zur Sache zu kommen. Denn entscheidend sei ja nicht das Zahlenwerk an sich, sondern was dadurch zum Ausdruck kommen solle. Er verwies auf die massive Steigerung des Etat-Volumens in den vergangenen Jahren und die in den Haushalten verankerten Investitionen. Sinngemäß führte er aus, dass die Stadtverwaltung unter der Abarbeitung der Vorhaben „stöhnt und ächzt“ und am Anschlag sei – dabei sei im vergangenen Jahr doch ein großer Teil der vorgesehenen Investitionen  gar nicht realisiert worden. Für Rohrmann & Co. war das bereits ein erster Grund zur Ablehnung des Haushalts 2015: Das Leistungsvermögen und die Kapazität  der Verwaltung seien überschritten. 

Der 72-Millionen-Etat, ganz einfach erklärt

Der zweite Grund für die Ablehnung: Es lasse sich „kein roter Faden“, keine Handschrift in diesem Haushalt erkennen. Es sei unklar, wofür er mit seinen Investitionen stehe. Da würden keine Prioritäten gesetzt, monierte Rohrmann und sprach von einer „bloßen Aneinanderreihung von Maßnahmen“. 

Kritisiert wurde von Rohrmann auch, dass eine finanzielle Konsolidierung erst ab dem Jahr 2018 geplant sei. Im vorliegenden Haushalt sei erkennbar, dass die Sparsamkeit nicht in allen Bereichen der Verwaltung angekommen sei – und dafür habe sich wiederum der Bürgermeister zu verantworten. Hier sah die CSU einen weiteren Grund, Nein zu diesem Etat zu sagen. 

Die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit seien seit dem Jahr 2009 um das 18-fache gestiegen, rechnete Rohrmann vor und griff aus dem umfangreichen Zahlenwerk dann noch einige Einzelposten heraus, die seiner Meinung nach fragwürdig sind. Zum Beispiel Zahnbürsten-Halter für den Kindergarten für 2000 Euro. Sein Fazit: „Die Verwaltung sollte tunlichst schnell mit dem Sparen beginnen.“ 

„Kleinkrämerisch“ 

An die Zahnbürstenhalter knüpfte SPD-Fraktionschef Käser direkt an. „Kleinkrämerisch“ habe Rohrmann seine Ausführungen beendet, befand er – allerdings sei dieser Teil seiner Ausführungen deutlich stärker gewesen als der Rest der Rede, ätzte er. Außerdem verwies Käser auf widersprüchliche Aussagen der CSU zur kommunalen Finanzlage: Rohrmann habe erklärt, die Stadt erreiche bei den Ausgaben die Grenze der Leistungsfähigkeit und die Lage sei dramatisch. Wenige Tage später sei von Rohrmann und Schranz darauf hingewiesen worden, dass die Stadt finanziell so gut dastehe wie Jahrzehnte nicht mehr, aber das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen werde. 

„Für mich klingt das allerhöchstens nach taktischer Verwirrung – aber ohne Taktik“, meinte Käser. Was da von den Christsozialen komme, sei „alles nicht ganz so planvoll“.  Außerdem erinnerte der SPD-Chef an eine Äußerung von Rohrmann, wonach es nicht die Aufgabe der CSU sei, in einen Ideen-Wettstreit zu treten. Käser dazu: Wenn das der Anspruch der CSU sei, dann habe sie diesen bislang ganz gut umgesetzt. 

Ausdrücklich lobte Käser seinen Rathauschef: Es sei eine Seltenheit, dass ein Bürgermeister zuerst auf den Stadtsäckel schaue und nicht nur auf seine Popularität, sagte er mit Blick auf die von Herker geplanten Steuer-Erhöhungen. Die Stadt habe eben bis zum Jahr 2020 Projekte im Wert von rund 100 Millionen Euro zu stemmen. Und Herker habe diese Notwendigkeiten nie verheimlicht. Die SPD-Fraktion unterstütze ihn deshalb auf diesem Weg, versicherte Käser.

„Ohne Luftnummern oder Papiertiger“ 

Roland Dörfler (Grüne), Dritter Bürgermeister und Finanzreferent des Stadtrats, lobte den Haushalt in höchsten Tönen. Er können sich sehen lassen, sei konservativ geplant, „ohne Luftnummern oder Papiertiger“. Über Parteigrenzen hinweg sei sehr konstruktiv daran gearbeitet worden. Man habe Investitionen geschoben und den Rotstift angesetzt, sagte er mit Blick auf bedeutsame Großprojekte wie den Doppel-Neubau der Grund- und Mittelschule, die Gartenschau oder den Breitband-Ausbau. Ferner werde „ganz selbstverständlich der erreichte Status gehalten“, ergänzte er mit Verweis auf die Instandhaltung zum Beispiel der Straßen. Die bunte Koalition habe einen Plan, unterstrich Dörfler, und den werde sie weiterverfolgen, versicherte er – in den Ohren der CSU hat das vermutlich ein bisschen wie eine Drohung geklungen 

„Alle Pflichtaufgaben abgedeckt“ 

Peter Heinzlmair (Freie Wähler) hielt sich bemerkenswert kurz. Er sprach angesichts des Rekord-Volumens von 72 Millionen Euro von einem „Riesen-Haushalt“. Seine Zusammenfassung lautete: „Alle Pflichtaufgaben sind abgedeckt“ und obendrein stünden die Sicherung des Bestands und Erneuerungen auf der Agenda.  Auch die Belange der Ortsteile seien abgedeckt, lobte er. Die Freien Wähler hätten an diesem Haushalt aktiv mitgearbeitet, so Heinzlmair – und sie tragen ihn auch mit.

„Ausgewogen“ und „unstrittig“

Manfred „Mensch“ Mayer (GfG) erklärte angesichts des Scharmützels zwischen CSU und SPD, dass er sich weder auf die eine, noch auf die andere Seite schlage. „Ich verfolge das als Bürger“, unterstrich er. Die im Haushalt vorgesehenen Ausgaben sind seiner Meinung nach „unstrittig“, man könne sich aber über die Refinanzierung streiten. Er bezeichnete den Etat aber als „ausgewogen“ und erklärte, er könne ihn „voll mittragen“. An die Adresse der CSU zeigte er sich skeptisch, ob das so gut ankomme, wenn man Nein sage, aber keine Alternativen vorbringe. 

„Ganz entscheidende Etappe“ 

Reinhard Haiplik (ÖDP) gab sich zuerst einmal pikiert, weil Mayer vor ihm zu Wort gekommen war. Er würde schon bitten, die Reihenfolge einzuhalten, wonach erst die Fraktionen kämen. Aber nun endlich am Zug, pries er die „Vision in der bunten Koalition“ in fast schon philosophischen Worten und betonte, dieser Haushalt sei „eine ganz entscheidender Etappe dieses Weges“. Freilich gelte es, angesichts der „gewaltigen Investitionen“ gewissenhaft abzuwägen, räumte er ein, lobte aber im selben Atemzug eben das gewissenhafte Handeln des bunten Bündnisses. Diesem Haushalt, so die Conclusio des Gymnasial-Lehrers, könne man „getrost zustimmen“.

„Viel angeschoben in der Stadt“

Franz Niedermayr (FDP) unterstrich, das Ratsgremium habe in den vergangenen Jahren „viel angeschoben in der Stadt“, und es schicke sich an, das auch weiterhin zu tun. Die Grundsteuer-Erhöhung wäre seiner Meinung nach nicht unbedingt nötig. Und überhaupt: Das jüngste Hin und Her in Sachen Gewerbesteuer-Erhöhung habe ihm nicht gefallen; nach außen wirke das nicht gut. Angesichts der im Raum stehenden Steuer-Erhöhungen – für ihn sind Anhebungen nicht nötig – fiel es ihm nach eigenen Angaben durchaus schwer, dem Haushalt zuzustimmen.

„Agitationstechnik“ und „Abzocke“ 

Nachdem nun alle politischen Farben zu Wort gekommen waren, ging es in die freie Diskussion. Hier ergriff Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) das Wort. Seine Fraktion bringe sehr wohl Vorschläge, stellte er angesichts der geäußerten Kritik klar. Aber man habe das Gefühl, „die sind nicht gewollt“. Man fühle sich von Herker und seiner „Agitationstechnik“ oft „niedergewalzt“, befand er. Die Erhöhung der Grundsteuer B bezeichnete er als „Abzocke“: Wenn man die Gewerbesteuer nicht erhöhe, dann könne man auch auf die jährlichen Mehreinnahmen von 250 000 Euro aus der Anhebung der Grundsteuer verzichten.  Die geplanten Investitionen trage er aber mit, denn sie seien „zukunftsweisend“, so Prechter.

So weit zur Sache. Denn nun musste sich Bürgermeister Herker noch einiges an seine ganz persönliche Adresse anhören. Sein Vorgänger Prechter stellte nämlich gar dessen Kollegialität in dem Ratsgremium in Frage und warf ihm eine „Vogel, friss, oder stirb!“-Mentalität  und „Bocksprünge“ vor. „Beschließen Sie mit Ihrer Macht den Haushalt und werden Sie glücklich damit“, meinte Prechter, die Zukunft werde es dann eben weisen müssen. 

„Wenn was stinkt, dann vom Kopf her“

Auch Max Penger (CSU) nahm sich den Rathauschef zur Brust und unterstellte ihm „beißenden Zynismus“, der gerade von der Spitze des Gremiums nicht kommen sollte. Das missfalle ihm außerordentlich und sei ihm zuwider, kritisierte Penger und legte nach: „Wenn was stinkt in dem Gremium, dann vom Kopf her.“ Und wenn Herker die von der CSU vorgebrachten Kritikpunkte nicht verstehen wolle, dann könne er sie freilich auch nicht verstehen. Pfaffenhofen habe in den vergangenen Jahren „ein großes Rad gedreht“ – und das sei auch alles in Ordnung, solange die Einnahmen stimmen. 

„Besudelt“ 

Herker erwiderte auf die an seiner Person geübten Kritik, sein Wesen habe sich in den vergangenen sieben Jahren – so lange ist er inzwischen Bürgermeister – nicht geändert. Und wiederum Prechter war es dann, der ihm eine „verletzende“ Ausdrucksweise vorhielt und appellierte: „Ich bitte Sie: Überdenken Sie Ihre Wortwahl.“ Denn Herker hatte den Begriff „besudeln“ in Zusammenhang mit der Haushalts-Ablehnung der CSU-Fraktion verwendet.  Und das ging Prechter zu weit. Denn besudeln wird ja nicht nur in der Bedeutung von beschmutzen, beflecken oder bekleckern verwendet, sondern auch im Sinne von entwürdigen, entehren oder gar schänden.

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