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Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stehen kurz vor dem Abschluss: Ob Anklage erhoben wird, ist noch offen. Pikanter Hintergrund: Der Pfaffenhofener Kreistag gestattete dem einstigen Krankenhaus-Boss nach fristloser Kündigung, für die man zunächst gute Gründe sah, rund 200 000 Euro Abfindung – man wollte Ruhe haben. Nun könnte das Thema zum politischen Bumerang werden. Und Woedl drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Von Tobias Zell

Monatelang wurden Vorermittlungen geführt, dabei haben sich die Anhaltspunkte offensichtlich verdichtet: Bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt läuft inzwischen ein reguläres Ermittlungsverfahren gegen Marco Woedl, den früheren Geschäftsführer der Pfaffenhofener Ilmtalklinik-GmbH. Es geht um den Verdacht des Betrugs, wie Staatsanwalt Jürgen Staudt heute gegenüber unserer Zeitung bestätigte. Die Ermittlungen stehen seinen Worten zufolge kurz vor dem Abschluss. Ob es zu einer Anklage komme, sei aber derzeit noch offen, so Staudt.

Der Aufsehen erregende Fall Woedl ist damit auch weiterhin nicht vom Tisch. Die von der Staatsanwaltschaft bereits im Herbst vergangenen Jahres eingeleiteten Vorermittlungen haben inzwischen offenbar zu einem konkreten Anfangsverdacht geführt. Andernfalls hätte die Staatsanwaltschaft wohl kein reguläres Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es gilt freilich auch hier die Unschuldsvermutung, aber nach aktuellem Stand der Dinge ist festzustellen: Für Woedl könnte sein einstiges Wirken als Geschäftsführer an der Ilmtalklinik-GmbH strafrechtliche Konsequenzen haben. 

Die Staatsanwaltschaft prüfte im Rahmen der Vorermittlungen verschiedene Geschäftsvorgänge und untersuchte dabei auch, ob Woedl seine Kompetenzen als Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH zum Nachteil des Klinik-Trägers überschritten hat. Das hatte der (inzwischen im Ruhestand befindliche) Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walter im November vergangenen Jahres erklärt – damals wurden die Vorermittlungen bekannt, die zu diesem Zeitpunkt bereits etwa einen Monat liefen. Inzwischen ist aus der Vorermittlung ein reguläres Ermittlungsverfahren geworden.

Rund 200 000 Euro Abfindung 

Zivilrechtlich ist die Akte Woedl geschlossen, seitdem der Vergleich rechtskräftig ist, den die Klinik-GmbH – und damit der Landkreis Pfaffenhofen als Gesellschafter – mit dem fristlos gekündigten Krankenhaus-Boss geschlossen hat. Die Vereinbarung beinhaltete die Zahlung von rund 200 000 Euro an Woedl. Dass dieser Vergleich rechtskräftig ist, war im November vergangenen Jahres praktisch zeitgleich mit der Nachricht bekanntgeworden, dass sich die Staatsanwaltschaft für den Fall Woedl interessiert.

Im Fokus der Justizbehörde dürften unter anderem zwei Vorgänge stehen, die auch in einem Sonderprüfungsbericht des bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV) Niederschlag gefunden hatten. Die rund 20-seitige Expertise, die damals vom Landkreis in Auftrag gegeben worden war, liegt unserer Zeitung vor. Das Papier beleuchtet unter anderem zwei besonders auffällige Vorgänge explizit. Staatsanwalt Jürgen Staudt bestätigte heute auf Anfrage unserer Zeitung, dass es bei den gegen Woedl laufenden Ermittlungen unter anderem um die Erstattung von Fahrtkosten geht – und das ist eben einer der in dem BKPV-Bericht ausführlich behandelten Vorgänge.

Zwei auffällige Geschäftsvorgänge

Fall eins: Am 14. Juli 2011 wurde mit einer Firma eine Vereinbarung über die Überlassung von Räumlichkeiten in der Ilmtalklinik geschlossen; es ging um den Betrieb eines Sanitätshauses. Der Vertrag wurde, so der BKPV, vom damaligen Landrat Anton Westner (CSU) unterschrieben – allerdings habe der vor Unterzeichnung handschriftlich die Regelung gestrichen, wonach der Mieter im ersten Jahr von der Miete befreit gewesen wäre. Vier Tage später wurde dann aber eine Nebenabrede zwischen Woedl und der besagten Firma vereinbart, die wiederum die Befreiung von der Miete für zwölf Monate vorsah. „Nach den uns erteilten Auskünften war der Landrat darüber nicht informiert“, schreibt der Prüfungsverband und stellt klar: „In der fehlenden Genehmigung über diese wesentliche Grundlage des Vertragsverhältnisses sehen wir einen Verstoß gegen den Pacht- und Überlassungsvertrag.“ Die Befreiung von der Miete für ein Jahr habe zu einem Ertragsausfall von rund 13 000 Euro geführt.  

Fall zwei: An einen in München niedergelassenen Arzt wurden im Rahmen von dessen konsiliarärztlicher Tätigkeit in Woedls Amtszeit als Geschäftsführer  Fahrkostenerstattungen von rund 20 000 Euro ausbezahlt – obwohl laut BKPV die mit dem Arzt getroffenen Vereinbarungen gar keine derartige Regelung enthielten beziehungsweise diese sogar ausschlossen.

"Wenn ich das gewusst hätte…"

Die zehn Kreisräte, die im September vergangenen Jahres gegen den Vergleich mit dem gekündigten Woedl und für den Gang vor Gericht votiert hatten, dürften sich jetzt durch die Tatsache, dass bei der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Woedl läuft, in ihrer Sichtweise bestätigt fühlen. Und auch so mancher, der damals noch für die Zahlung der rund 200 000 Euro Abfindung die Hand gehoben hatte, sah das bekanntlich schon wenig später anders. Der Dritte Landrat Josef Finkenzeller (FW) sagte zum Beispiel bereits im November vergangenen Jahres, nachdem die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt geworden waren: „Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich der Abfindung nicht zugestimmt.“

Anfang September 2014 hatte der Kreistag nach Wochen voller Spekulationen, Unsicherheiten und offener Fragen in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung beschlossen: Im Fall des geschassten ehemaligen Ilmtalklinik-Geschäftsführers soll es eine außergerichtliche Lösung geben und eben keinen Prozess vor dem Arbeitsgericht.

42:10 Stimmen für Abfindung statt Klage

Mitte Dezember 2013 war Woedl fristlos entlassen worden, weil man damals überzeugt davon war, triftige Gründe für diesen Schritt zu haben. Vor allem aus dem umfangreichen Bericht nach einer Sonderprüfung des "Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands" glaubte man, stichhaltige Argumente für den Rauswurf ziehen zu können. Doch ein paar Monate später war man sich dann gar nicht mehr so sicher – und entschied sich letztlich im Kreistag dafür, Woedl lieber freiwillig eine satte Abfindung (aus Steuergeldern) zu überweisen, um sich den Gang vor Gericht mit unsicherem Ausgang zu sparen. Heute weiß man: Der Staatsanwaltschaft ist Woedls Treiben ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts wert.

Der Beschluss zugunsten der Vergleichsvereinbarung fiel damals im Kreistag mit 42:10 Stimmen relativ deutlich und war vor allem geprägt von dem Gedanken, das leidige Thema endlich vom Tisch zu kriegen, sowie beseelt von dem Glauben, damit Ruhe für die Klinik zu bekommen. Entschieden worden habe man „nach intensiver Abwägung der für das weitere Vorgehen maßgeblichen Gesichtspunkte“, hieß es damals in einer Pressemitteilung. 

Ziel: Aus den tiefroten Zahlen

Damit glaubte man den Fall Woedl vom Tisch. Ruhe wollte man jetzt – und sich auf die Zukunft unter dem neuen Klinik-Geschäftsführer Marcel John konzentrieren, der die GmbH aus den tiefroten Zahlen und in sicheres Fahrwasser bringen sollte. Zumindest Ersteres ist ihm noch nicht gelungen: Das operative Defizit, das für heuer mit 3,05 Millionen Euro veranschlagt war, wird seiner korrigierten Prognose zufolge etwa 4,2 Millionen Euro betragen. Und der Entwurf des Wirtschaftsplans für 2016 prophezeit ein Minus von 3,8 Millionen Euro. Aber das ist ein anderes Thema.

Während der neu eingestellte John sich jedenfalls im vergangenen Jahr eifrig daran machte, die Klinik umzustrukturieren, und vor allem anfangs Lob von vielen Seiten bekam, holte den Landkreis der unselige Fall Woedl wieder ein. Denn just an dem Tag, als bekannt wurde, dass der 200 000 Euro teure Vergleich mit Woedl rechtskräftig ist, wurde ebenfalls öffentlich, dass sich nun die Staatsanwaltschaft für das Treiben des geschassten Klinik-Chefs interessiert und Vorermittlungen führt. Dann wurde es viele Monate lang still. Bis jetzt, da bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Woedl eingeleitet hat. Wegen des Verdachts auf Betrug. 

Woedl selbst hat bekanntlich längst eine neue berufliche Aufgabe gefunden. Er ist seit April vergangenen Jahres Geschäftsführer der „Asklepios Orthopädische Klinik Lindenlohe“ bei Schwandorf in der Oberpfalz. Nun droht ihn aber seine Zeit im oberbayerischen Pfaffenhofen noch einmal einzuholen. 

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