Das Pfaffenhofener Landratsamt verweist auf zwei Themenbereiche, die noch nicht endgültig geprüft werden konnten – Es geht um wasserrechtliche Fragen und um die Bewertung der Stall-Abluft
(ty/zel) Das Pfaffenhofener Landratsamt wird zu der geplante Erweiterung der Hähnchenmast-Anlage im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach in diesem Jahr keine Entscheidung mehr treffen. Das gab die Kreisbehörde heute Nachmittag bekannt. Wie die zuständige Abteilungsleiterin Alexandra Schönauer zur Erklärung mitteilte, gebe es im Rahmen des förmlichen immissionsschutz-rechtlichen Genehmigungsverfahrens noch zwei Themenbereiche, bei denen die Entscheidungsvoraussetzungen noch nicht endgültig geprüft werden konnten.
„Zum einen sind im Rahmen der Prüfung einer ausreichenden Erschließung des Vorhabens noch wasserrechtliche Fragen zu klären“, heißt es dazu. „Zum anderen steht noch eine abschließende umweltmedizinische Bewertung der von den Ställen ausgehenden Bioaerosol-Immissionen aus.“ Dabei handle es sich um Einwirkungen durch die Stallabluft auf die betroffene Umgebung in Form von luftgetragenen Partikeln mit biologischer Aktivität wie zum Beispiel Krankheitserregern oder Allergenen.
Es ist ein umstrittenes Vorhaben. In Eschelbach soll bekanntlich der bestehende Hähnchenmast-Betrieb auf rund 145 000 Tiere erweitert werden. Nach Recherchen des Bund Naturschutz würde damit eine der größten Anlagen dieser Art in Bayern entstehen. Der Widerstand war und ist groß. Doch das Landratsamt hatte zuletzt ein Signal ausgesendet, aus dem man praktisch schließen musste, dass mit der Genehmigung des Vorhabens gerechnet werden kann. Konkret hatte die Kreisbehörde – wie berichtet – im Oktober auf Antrag des Bauherrn den so genannten vorzeitigen Baubeginn zugelassen.
Was bedeutet das? Genehmigt wurde dem Bauherrn laut damaliger Mitteilung von Schönauer, den Humus abzuschieben und eine Planie herzustellen. Damit solle dem Antragsteller die Gelegenheit gegeben werden, das Grundstück „herzurichten“, für den Fall, dass das Vorhaben nach einem entsprechenden Bescheid des Landratsamts zu einem späteren Zeitpunkt endgültig errichtet werden könne. „Der Antragsteller hat einen Rechtsanspruch auf die Zulassung des vorzeitigen Beginns, da er ein berechtigtes Interesse geltend machen kann“, wurde dazu aus dem Landratsamt erklärt. Im Hinblick auf den bevorstehenden Winter könnten Erdarbeiten nur noch für eine beschränkte Zeit durchgeführt werden.
Ausdrücklich hatte Schönauer in diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen, dass Bauarbeiten – wie die Herstellung eines Betonfundaments oder der Beginn der Bauarbeiten am Gebäude – von diesem vorzeitigen Baubeginn nicht erfasst sind. Ferner habe sich der Antragsteller verpflichtet, „alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen, und – wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird – den früheren Zustand wiederherzustellen“.
Weiter hieß es im Oktober aus dem Landratsamt: „Durch die Zulassung des vorzeitigen Beginns wird die immissionsschutzrechtliche Genehmigung und damit die Entscheidung über das Vorhaben weder ersetzt noch vorweggenommen.“ Im Landratsamt ging man nach eigenen Angaben davon aus, dass die endgültige Entscheidung darüber, ob die Hähnchenmast-Anlage errichtet werden darf oder nicht, noch in diesem Jahr fällt. Dem ist nun nicht so, wie man seit heute weiß.
Ist aber noch alles offen? Die Gegner des Vorhabens, die weiterhin mobil machen, werden wohl alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um das Projekt zu verhindern. So mancher Insider mochte indes aus der erteilten Zulassung des vorzeitigen Baubeginns schließen, dass mit der Genehmigung des Vorhabens schwer zu rechnen ist. Zur Einordnung der Situation empfiehlt sich auch ein Blick in das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), insbesondere auf Paragraf 8a („Zulassung vorzeitigen Beginns“). Hier heißt es wörtlich:
„In einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung soll die Genehmigungsbehörde auf Antrag vorläufig zulassen, dass bereits vor Erteilung der Genehmigung mit der Errichtung einschließlich der Maßnahmen, die zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind, begonnen wird, wenn
1. mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann,
2. ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an dem vorzeitigen Beginn besteht und
3. der Antragsteller sich verpflichtet, alle bis zur Entscheidung durch die Errichtung der Anlage verursachten Schäden zu ersetzen und, wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen.“
Auf die Punkte 2 und 3 hatte das Landratsamt in seiner Mitteilung vom Oktober von sich aus hingeweisen. Der maßgebliche Satz aber dürfte sich in Punkt 1 verbergen; wir haben ihn oben fett markiert. Ein zudem bedeutsames Wörtchen ist dabei das von uns ebenfalls fett markierte „und“ im zweiten Punkt des Gesetzes-Textes. Denn es bedeutet, dass für die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns alle drei Punkte erfüllt sein müssen. Daraus wiederum ist eben – siehe Punkt 1 – zu schließen, dass „mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann“.
Das umstrittene Vorhaben beinhaltet, wie mehrfach berichtet, nach Angaben des Landratsamts die Aufgabe einer in der Ortsmitte von Eschelbach bestehenden Stallung für derzeit rund 15 000 Tiere sowie die Errichtung von zwei neuen Ställen im Außenbereich. Dort, wo gebaut werden soll, stehen bereits zwei Stallungen, die im Zuge der Betriebserweiterung saniert werden sollen. Nach der beantragten Vergrößerung der Mast-Anlage ergibt sich laut Kreisbehörde dann ein Tierbestand von insgesamt 144 600 Masthähnchen.
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