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Die jetzt aus Sicherheits-Gründen gesperrte Reichertshofener Paarhalle liefert Gesprächsstoff. Was ist da eigentlich los? Über Vorschriften, Kontrollen und Anzeigen.

(ty) Der Gutachter sprach freiweg von einem Schwarzbau. Bürgermeister Michael Franken (JWU) hatte erklärt: "Wegen Versäumnissen aus der Vergangenheit gibt es keine passende Baugenehmigung. Die Nutzung von 1979 bis 2011 mit teilweise bis 800 Personen war nie zulässig." Zum Glück sei nie etwas passiert. Das Pfaffenhofener Landratsamt riet jetzt zur umgehenden Schließung des maroden Gebäudes. Von erheblichen Sicherheits-Bedenken ist die Rede. Der Gemeinderat reagierte, beschloss in seiner jüngsten Sitzung die sofortige Sperrung sowie eine wohl millionenschwere Sanierung. Was ist da eigentlich los? Wir haben bei der Kreisbehörde nachgefragt. 

 

Welche konkreten Sicherheits-Bedenken führten aktuell zur Schließung der Paarhalle? 

Bei der Abklärung des aktuellen Sanierungsbedarfs, die das Landratsamt begleitet hat, haben Äußerungen des von der Gemeinde beauftragten Planers/Gutachters Anlass gegeben, eine nochmalige Prüfung vorzunehmen. Aufgrund dieser Prüfung hat das Landratsamt der Gemeinde die umgehende Schließung der Halle für jegliche Nutzung empfohlen, um keinerlei Risiko einzugehen. Dieser Empfehlung ist der Gemeinderat gefolgt.

Was hat sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren beziehungsweise über die Jahrzehnte hinweg – insbesondere aber im Vergleich mit 2016 – geändert, das die Schließung nun notwendig machte?

Im Jahr 2016 stand lediglich die Nutzung der Halle als Versammlungsstätte auf dem Prüfstand, weil eine Nutzung durch mehr als 200 Personen wegen der Rettungsweg-Situation als bedenklich angesehen wurde. Die Empfehlung, die Nutzung auch für weniger Personen zu unterlassen, beruht auf der Überlegung, das Risiko der Verantwortlichen auf null zu reduzieren.



Wie im Gemeinderat bekannt wurde, sollte aufgrund eines aktuellen Schreibens aus dem Landratsamts die Schließung spätestens in den nächsten Tage erfolgen. Warum verfügte das Landratsamt nicht die sofortige Sperrung, wenn es doch so erhebliche Sicherheits-Bedenken gibt?

Das Landratsamt hat die Diskussion um die Sanierung der Paarhalle in letzter Zeit begleitet und stand daher in ständigem Kontakt mit der Gemeinde. Für eine behördliche Anordnung bestand daher kein Bedarf. Das Landratsamt hat der Gemeinde die Schließung empfohlen und nicht von sich aus die Sperrung angedroht.

Bestand nach Einschätzung des Landratsamts in den vergangenen Jahrzehnten Gefahr für Leib und Leben der Paarhallen-Besucher beziehungsweise -Nutzer?

Bei Zugrundelegung der damaligen Erkenntnislage war das Landratsamt bislang nicht zu der Einschätzung gekommen, dass eine Unterbindung der Nutzung geboten war. Die nun ausgesprochene Empfehlung beruht auf durch eingehendere Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen, wie es bei Gebäuden dieses Alters häufiger der Fall ist.



Bürgermeister Franken erklärte: "Das Problem ist: Wegen Versäumnissen aus der Vergangenheit gibt es keine passende Baugenehmigung. Die Nutzung von 1979 bis 2011 mit teilweise bis 800 Personen war nie zulässig." Trifft das zu?

Tatsächlich hat sich bei der Eruierung des Sanierungsbedarfs herausgestellt, dass nicht alle Anforderungen aus der Baugenehmigung umgesetzt sind. Auch das ist keine Seltenheit bei Gebäuden dieses Alters. Die Sicherheits-Maßstäbe haben sich in den letzten Jahren stark verschoben.

Der Planer/Gutachter sprach in der jüngsten Gemeinderat-Sitzung wörtlich davon, dass es sich bei der Paarhalle um einen Schwarzbau handle. Teilt das Landratsamt die Aussage?

Man spricht jedenfalls von einem Schwarzbau, wenn ein Vorhaben völlig ohne Genehmigung errichtet wird. Ein Rechtsbegriff ist das nicht. Wenn es eine Genehmigung gibt, sie aber nicht eingehalten wird, benützt man den Begriff der planabweichenden Bauweise.



Trifft es zu, dass immer wieder Ausnahme-Genehmigungen für Veranstaltungen in der Paarhalle durch das Landratsamt erteilt wurden?

Es gibt die Möglichkeit, Räume, die keine Versammlungsstätten sind, auf Grundlage einer Anzeige gelegentlich für Veranstaltungen zu nutzen. Solche Anzeigen gab es auch für die Paarhalle. Es handelt sich aber nicht um Genehmigungen, für die eine umfassende Prüfung erfolgen müsste. Konkret: Das Landratsamt hat keine Genehmigung erteilt, sondern hat die Mitteilungen über die Abhaltung von Veranstaltungen durch die Gemeinde zur Kenntnis genommen. Die Verantwortung lag bei der Gemeinde beziehungsweise beim Veranstalter.

Auf welcher rechtlichen Grundlage konnten in den vergangenen Jahren Veranstaltungen mit teils mehreren hundert Besuchern stattfinden?

Der Anknüpfungspunkt dafür im Gesetz findet sich in § 47 Versammlungsstätten-Verordnung.

Entsprach die Halle zu jeder Zeit den jeweils aktuell gültigen Brandschutz-Vorschriften?

Dies wurde nicht geprüft und war auch nicht zu prüfen, da es sich nur um Mitteilungen ("Anzeigen") handelte. Die Erfüllung sicherheits-rechtlicher Belange, zum Beispiel Rettungswege, wurde im Einzelfall geklärt.



Zu welcher Nutzung der Paarhalle lag in den vergangenen Jahren jeweils ein Genehmigung durch das Landratsamt vor?

Genehmigungen wurden nicht erteilt. Die Mitteilungen ("Anzeigen") wurden entgegengenommen und geklärt.

Gab es von Seiten des Landratsamts Kontrollen des Gebäudes?

Nachdem auf die Nutzung als Versammlungsstätte verzichtet worden ist, gab es keine gesetzliche Verpflichtung zu entsprechenden Begehungen.

Hat es von Seiten des Landratsamts Versäumnisse in Zusammenhang mit der Paarhalle gegeben?

Die Verantwortung lag, wie oben ausgeführt, bei der Gemeinde.



Hat die Kreisbehörde in Zusammenhang mit der Paarhalle zu jeder Zeit jeweils aktuell geltendes Recht angewendet beziehungsweise durchgesetzt?

Soweit ein Verfahren eröffnet war, hat sich das Landratsamt in diesem Verfahren rechtskonform verhalten. Für ein davon losgelöstes Tätigwerden hatte bis zu den jüngsten Untersuchungen zur Paarhalle kein Anlass bestanden.

Anton Westner (CSU) war bekanntlich lange Jahre Bürgermeister von Reichertshofen, aktuell ist er Vize-Landrat. In seiner Zeit als Vize-Landrat war er bereits viele Monate als amtierender Landrat tätig, stand also der Kreisbehörde vor. Hätte die Kreisbehörde nicht schon deshalb von den Mängeln beziehungsweise von der laut Franken nicht vorliegenden Genehmigung wissen müssen?

Da eine Genehmigung vorliegt, konnte das Landratsamt nichts Gegenteiliges wissen. Auf die bekannten Mängel war reagiert worden. Nach den hier vorliegenden Informationen wurde die Paarhalle nicht in der Amtszeit des Bürgermeisters Anton Westner gebaut. Sie wurde 1979 errichtet. Damals war Hans Hammerl Bürgermeister. Herr Westner wurde erst 1990 zum Bürgermeister gewählt.

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