Der 44-Jährige wurde gestern Abend einhellig zum Bewerber der Liberalen gewählt.
(zel) Thomas Neudert zieht für die FDP ins Rennen um den Chef-Posten in der Pfaffenhofener Kreisbehörde. Der 44-jährige Wolnzacher wurde am gestrigen Dienstagabend einstimmig zum Landrats-Kandidaten seiner Partei gekürt. Es sei "bitternötig", dass die Liberalen einen Bewerber stellen, sagte er mit Verweis auf Aussagen der bereits nominierten Kandidaten von anderen Parteien. Man könne nicht akzeptieren, dass ein jährliches Millionen-Defizit der Ilmtalklinik einfach so hingenommen werde. Neudert sieht den Kreis beim Ausbau des ÖPNV in der Pflicht und wirbt dafür, bei der Digitalisierung und beim 5G-Netz vorne dabei zu sein.
Die Nominierungs-Versammlung im Gasthaus "Alter Wirt" in Rohrbach, begann mit dem Gedenken an den FDP-Politiker Jimmy Schulz aus Hohenbrunn, der am Montag im Alter von 51 Jahren an den Folgen von Bauchspeicheldrüsen-Krebs gestorben war. Der Bundestags-Abgeordnete war mehrere Jahre lang auch Bezirkschef der Liberalen in Oberbayern. Schulz werde auch in die Geschichte eingehen als der erste Abgeordnete, der eine Bundestags-Rede von einem Tablet abgelesen hat, sagte Neudert. Christian Lindner, Chef der Bundes-FDP, würdigte Schulz als "Netzpolitiker der ersten Stunde".
Als Landrats-Bewerber vorgeschlagen worden war Thomas Neudert bei der gestrigen Versammlung von Fabian Röhrich, der in Wolnzach als Bürgermeister-Bewerber antritt. Einen internen Gegen-Kandidaten hatte Neudert nicht. Am Ende erhielt er ein "Ja" von allen zwölf anwesenden Stimmberechtigten. Das Aufstellungs-Prozedere leitete Thomas Stockmaier, der Sprecher der FPD-Fraktion im Pfaffenhofener Kreistag. Er war offensichtlich sehr angetan von Neuderts Bewerbungs-Rede, applaudierte mehrfach, und bestätigte nach der Veranstaltung auch im Gespräch mit unserer Zeitung sinngemäß, dass Neudert in mehrfacher Hinsicht den Nagel auf den Kopf getroffen habe.
Die Situation des Landkreises Pfaffenhofen sei gegenwärtig "nahezu ideal", befand Neudert: die Wirtschaft stark, das Steuer-Aufkommen hoch, die Bürger weitgehend zufrieden, die Arbeitslosen-Quote eine der niedrigsten in ganz Deutschland. Und dennoch: Er sieht mehrere Herausforderungen beziehungsweise Fragestellungen für die Zukunft, auf die der nächste Landrat Antworten finden müsse. Der Landkreis werde weiter wachsen; er müsse nachhaltiger werden. Und er müsse sich für die Zukunft aufstellen, um seinen Wohlstand zu erhalten.
Bevor man über die Einführung von besonders günstigen Jahres-Tickets reden könnte, sagte Neudert an die Adresse des CSU-Landrats-Kandidaten Martin Rohrmann sinngemäß, müsse man erst einmal den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) deutlich ausbauen. Hier sehe er den Landkreis in der Pflicht. Er forderte deutlich bessere Verbindungen, insbesondere zu den Bahnhöfen, sowie eine gute Anbindung zum Flughafen. Auch einen "Nachtbus" für Jugendliche sprach er an.
Das jährliche Minus aus dem laufenden Betrieb der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren Krankenhaus-Standorten in Pfaffenhofen und Mainburg – zuletzt stets mehr als vier Millionen Euro, die von den Landkreisen Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent) getragen werden müssen – will Neudert hinterfragen. Man könne es nicht akzeptieren, dass ein solches Defizit einfach so hingenommen werde, betonte er.
"Wir akzeptieren nicht von vornherein ein Defizit", stellte er klar: "Es wird keinen Persilschein für ein Defizit geben." Der Landrat müsse alles tun, damit das Minus so gering wie möglich ausfalle. Man stehe aber zum Krankenhaus, unterstrich er. "Es kann ein Defizit geben, aber die Qualität muss stimmen." Wichtig sei ihm ein tragfähiges Zukunfts-Konzept: Sicherstellung der Grundversorgung und Spitzenqualität in ausgewählten Bereichen.
"Man darf keine Angst vor der Zukunft haben", sagte er mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung. Die Technologie lasse sich nicht aufhalten. Er will im Landratsamt mehr Verwaltungs-Prozess digitalisieren, stärkere digitale Schnittstellen zwischen Bürger und Behörde schaffen – etwa eine Übersicht über freie Pflege-Plätze – und den Fokus auf den Mittelstand legen. Beim Kommunal-Unternehmen für Struktur-Entwicklung im Landkreis (KUS) will er einen Spezialisten zur Beratung in Sachen Digitalisierung angesiedelt sehen. Grundvoraussetzung sei allerdings ein flächendeckendes Netz, idealerweise im neuesten Standard. Funklöcher im Landkreis gelte es zu schließen und bei 5G sollte der Landkreis ganz vorne dabeisein, so Neudert.
"Keine Windregion"
In Sachen Umweltschutz sähe er sich als Landrat in der Rolle des "Brücken-Bauers". Es müsse etwas getan werden, sagte er, warnte aber zugleich vor blindem Aktionismus und unnützer Symbol-Politik sowie vor einer Bevormundungs- und Verbots-Politik. "Ich sehe den Landkreis nicht als flächendeckenden Standort für Windkraft-Anlagen", betonte er. An einzelnen Stellen möge das sinnvoll sein, aber hier sei "keine Windregion". Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der damit verbundenen Natur-Ereignisse will Neudert überprüfen, ob der Kreis gut vorgesorgt hat, ob personell verstärkt oder materiell aufgerüstet werden muss und ob spezielle Übungen der Einsatzkräfte notwendig sind.
Thomas Neudert, 44 Jahre alt, ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er wohnt in Wolnzach, ist seit 18 Jahren für den Rückversicherer "Munich Re" tätig. Studiert hat er Betriebswirtschaftslehre in Regensburg und Birmingham sowie Rechtswissenschaft an der Fernhochschule in Hagen. Bei der Bundeswehr ist er als Reserve-Offizier aktiv. Er spielt Fußball bei den "Alten Herren" des BC Uttenhofen und ist Schiedsrichter. Beim Soldaten-, Krieger- und Kameradenverein in Wolnzach fungiert er als Vize-Vorsitzender, außerdem sitzt er im Elternbeirat des Hallertau-Gymnasiums in Wolnzach.
Seit 2013 ist Neudert bei der FDP, seit 2017 ist er Vorsitzender der Liberalen im Kreis Pfaffenhofen. Im Jahr 2017 trat er bei der Bundestagswahl als Direkt-Kandidat der FDP an, holte damals 7,2 Prozent der Erststimmen. Bundesweit landete die FDP bei den Zweitstimmen bei 10,7 Prozent, in Bayern waren es 10,2 Prozent. Im hiesigen Wahlkreis brachten es die Liberalen auf 10,4 Prozent der Zweitstimmen. Nun will Neudert Landrat werden. Er beschreibt sich selbst als weltoffen, aber nicht naiv, sowie als als hart in der Sache, aber angenehm im Ton.
Der Kreis derer, die im März nächsten Jahres den Chef-Posten im Pfaffenhofener Landratsamt erringen wollen, ist mit Neudert noch um eine Person größer geworden. Die CSU hat schon Martin Rohrmann aus Pfaffenhofen nominiert, er ist Fraktions-Sprecher im Stadtrat. Zuvor hatten die Freien Wähler Albert Gürtner – Vize-Bürgermeister von Pfaffenhofen und Vorsitzender des FW-Kreisverbands – aufs Schild gehoben. Außerdem wurde Karl Huber, Bürgermeister von Ernsgaden, zum Landrats-Kandidaten der neu gegründeten Bürgerliste nominiert.
Kerstin Schnapp, die Kreisvorsitzende der Grünen, war am vergangenen Freitagabend von ihren Parteifreunden nominiert worden. Am Sonntag wurde Claus Staudhammer aus Pfaffenhofen zum Landrats-Bewerber der AfD gekürt. Andreas Herschmann aus Pfaffenhofen gilt als designierter Kandidat der Sozialdemokraten, muss aber erst noch offiziell zum Bewerber gewählt werden.
Thomas Stockmaier (von links; FDP-Fraktionschef im Kreistag), Fabian Röhrich (stellvertretende FDP-Kreischef und Bürgermeister-Kandidat in Wolnzach), Landrats-Kandidat und FDP-Kreischef Thomas Neudert, Astrid Birkner (stellvertretende Kreischefin) und Sebastian Mucke, der designierte Vorsitzende des geplanten FDP-Ortsverbands von Rohrbach. Der neue Ortsverband soll an diesem Donnerstag, 28. November, aus der Taufe gehoben werden; Beginn des Treffens ist um 19 Uhr im Gasthof Zeidlmaier an der Bahnhofstraße in Rohrbach.
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