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Nicht-öffentliche Sondersitzung des Stadtrats bringt nach 3,5 Stunden einstimmigen Beschluss – damit ist der Dreier-Zusammenschluss so gut wie sicher gestorben 

Von Tobias Zell

Es hat sich in den vergangenen Tagen, vielleicht sogar Wochen abgezeichnet. Seit heute Abend ist es so gut wie sicher: Der im Raum stehende Zusammenschluss der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen ist höchstwahrscheinlich gestorben. Der Pfaffenhofener Stadtrat hat sich heute Abend in einer nicht-öffentlichen Sondersitzung einstimmig dafür ausgesprochen, dass seitens der Sparkasse Pfaffenhofen die Fusions-Gespräche mit den Häusern in Ingolstadt und Eichstätt beendet werden sollen.

Bekanntlich stehen hinter der Sparkasse Pfaffenhofen vier Eigentümer: die Kreisstadt und der Landkreis mit je 40 Prozent sowie die Kommunen Wolnzach und Geisenfeld mit jeweils zehn Prozent. Es galt stets als ausgemachte Sache, dass das Pfaffenhofener Geldinstitut nur dann bei einer Fusion mitmacht, wenn auch all ihre vier Träger zustimmen. Nach dem heutigen Votum des Pfaffenhofener Ratsgremiums ist damit im Grunde klar: Die Sparkasse Pfaffenhofen wird nicht fusionieren, sondern eigenständig bleiben.

Intensive Diskussion hinter verschlossenen Türen

Rund 3,5 Stunden saß der Pfaffenhofener Stadtrat um Bürgermeister Thomas Herker (SPD) heute ab 18 Uhr hinter verschlossenen Türen beisammen. Es gab nur ein einziges Thema: Die im Raum stehende Fusion der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen. Allein daran lässt sich schon ermessen, dass es viel zu reden und zu diskutieren gab. Und es ging ja auch um viel. Im Falle eines Dreier-Zusammenschlusses würde eine der größten Sparkassen im Freistaat Bayern entstehen – mit einer Bilanzsumme von rund sechs Milliarden Euro.

Auch Norbert Lienhardt, der Vorstandschef der Pfaffenhofener Sparkasse, war heute Abend in der nicht-öffentlichen Sitzung dabei; er soll ausführlich über die mögliche Banken-Hochzeit referiert und noch einmal die Hintergründe  erläutert haben. Man sprach intensiv über das Für und Wider der Fusion, über die Rahmenbedingungen und über die Herausforderungen für die Zukunft. Am Ende fassten die anwesenden Räte – sechs fehlten laut Herker urlaubs- oder krankheitsbedingt – zwei einstimmige Beschlüsse.

Hier die beiden Beschlüsse im Wortlaut: 

  • Der Stadtrat spricht sich nach ausführlicher Diskussion und Abwägung dafür aus, die Fusionsgespräche mit den Sparkassen Ingolstadt und Eichstätt zu beenden. Es sollen in Folge alle Weichen so gestellt werden, dass die Sparkasse personell und strategisch so aufgestellt wird, dass diese auch in Zukunft und als eigenständiges Institut die Versorgung von Bürgern und Unternehmen mit Bankdienstleistungen sicherstellen kann. Dem Stadtrat ist bewusst, dass dies auch ohne Fusion entsprechende Strukturanpassungen nach sich ziehen wird.“ 
  • „Die vom Stadtrat entsandten Verbandsräte werden mandatiert, entsprechend abzustimmen.“

Herker veröffentlichte am Abend diese Rats-Entscheidungen. Nähere Informationen zum Inhalt oder zum Verlauf der mit Spannung erwarteten Sitzung gab er nicht bekannt. Das sei so vereinbart worden, sagte er auf Anfrage unserer Zeitung. Auf Facebook kommentierte er später: "Vielen Dank an die Kollegen des Stadtrates, die in entscheidenden Sachfragen letztlich immer ohne Rücksicht auf Parteigrenzen im Sinne der Stadt (und hier der Sparkasse) entscheiden!"

Was da heute Abend beschlossen wurde, ist für die meisten, die das Geschehen in den vergangenen Wochen verfolgt haben, wohl wenig überraschend. Interessant dürfe sein, was in den kommenden Tagen durchsickert: Ging es wirklich nur um die Gewerbesteuer? Oder spielten auch andere Faktoren entscheidend eine Rolle?

Aus der Kreisstadt regt sich bekanntlich zuletzt zunehmend großer Widerstand gegen die Fusionspläne – vor allem ging es dabei um die Verteilung der Gewerbesteuer im Falle eines Zusammenschlusses. Die Stadt Pfaffenhofen hatte hierzu ein eigenes Gutachten vorgelegt und wollte deutlich mehr vom Gewerbesteuer-Kuchen, als die Berechnungen des bayerischen Sparkassen-Verbandes vorsahen, auf die sich Ingolstadt und Eichstätt beriefen. 

Verhandlungen waren bereits abgebrochen

Weil Bürgermeister Herker zuletzt keine Möglichkeit zur Einigung mehr sah, hatte er die Verhandlungen abgebrochen, seinen Austritt aus dem Lenkungsausschuss erklärt und zudem angekündigt, sich bis auf Weiteres nicht mehr aktiv an dem Prozess beteiligen zu wollen. Das brachte ihm Kritik nicht nur aus Ingolstadt, sondern auch aus Wolnzach und Geisenfeld ein – die beiden hiesigen Mit-Eigentümer fühlten sich durch sein Verhalten düpiert. Ihre Argumentation: Als Herker in Ingolstadt hinschmiss, hatte er auch ihre 20 Prozent im Gepäck. Wolnzach und Geisenfeld kündigten Konsequenzen; lesen Sie dazu: Sparkassen-Fusion: Wird Herkers Ausstieg zum Bumerang? 

In dem Lenkungsausschuss, der eigens dafür eingerichtet wurde, die Verhandlungen zu führen sowie die entsprechenden Beschlussvorlagen für die Entscheidungsgremien zu erarbeiten, sitzen neben den Vorstandschefs der drei Banken auch die jeweiligen Vorsitzenden des Verwaltungsrats und deren Vertreter. Für die Sparkasse Pfaffenhofen sind das Vorstandschef Norbert Lienhardt, Landrat Martin Wolf (CSU) und eben Herker, der hingeschmissen hat.

Und jetzt?

Wie geht es nun weiter? Die Sparkassen Eichstätt und Ingolstadt werden aller Voraussicht nach zusammengehen. Nach Informationen unserer Zeitung liefen zuletzt bereits die Gespräche über eine Zweier-Fusion weiter, nachdem sich der Ausstieg Pfaffenhofen abgezeichnet hatte.

Die Sparkasse Pfaffenhofen bleibt dagegen eigenständig und muss sich nun solo fit für die Zukunft machen. Laut allgemeinen Prognosen werden die Betriebs-Ergebnisse der Vor-Ort-Banken in den nächsten fünf bis sieben Jahren um 50 Prozent einbrechen. Dieser Herausforderung gilt es gerecht zu werden.

Die anhaltende Niedrigzinspolitik, die fortschreitende Digitalisierung, das geänderte Kundenverhalten und nicht zuletzt die Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben stellen im Grunde alle Banken vor Herausforderungen – die kleinen mehr, die großen weniger. Die Einnahmen aus dem reinen Zinsgeschäft werden wohl weiter sinken. Darauf werden die Banken reagieren müssen, indem sie zum einen andere Geschäftsfelder forcieren und zum andern Kosten reduzieren. 

Insider gehen davon aus, dass die Sparkasse Pfaffenhofen, wenn sie selbstständig bleibt, Personal reduzieren wird. Ihre Sichtweise: Der Schwerpunkt der Fusion hätte im Wachstum des Kundengeschäfts gelegen, während er im Falle der Eigenständigkeit in der Kosten-Optimierung zu sehen sei.

Was Kosten-Optimierung bedeuten könnte? Vor allem drängen sich hier die Schließung von wenig frequentierten Filialen oder die Reduzierung des Personals auf – aktuell beschäftigt die Sparkasse Pfaffenhofen rund 250 Leute. Andere, Sparmaßnahmen dürften flankierend erfolgen, aber nicht den durchschlagenden Effekt bringen.

Ingolstadts OB Lösel prophezeit enormen Personalabbau

Der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) hatte kürzlich in einem Interview erklärt, dass die Pfaffenhofener Sparkasse im Falle einer Nicht-Fusion "enorm" Personal abbauen müsste. Konkret sprach er von einer Reduzierung der Personalkosten um 18 Prozent in den nächsten fünf Jahren.

Woher Lösel diese Zahlen hat, ob sie zutreffend sind und ob er diese – als Mitglied des Lenkungsausschusses, das zur Verschwiegenheit verpflichtet ist – überhaupt hätte veröffentlichen dürfen, sei dahingestellt. Offen bleiben muss außerdem vorerst auch, ob es sich bei diesem Statement um ein taktisches Manöver aus Ingolstadt gehandelt hat, um Druck in Richtung Pfaffenhofen aufzubauen mit dem Ziel, in der dortigen Lokalpolitik noch eine Stimmung pro Fusion zu erzeugen.

Der Pfaffenhofener Sparkassen-Chef Norbert Lienhardt wollte die Entscheidung des Stadtrats auf Anfrage unserer Zeitung nicht kommentieren. Am kommenden Dienstag tagt der Verwaltungsrat.

Bisherige Beiträge zum Thema:

Beerdigt Pfaffenhofen heute die Fusionspläne?

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Sparkassen-Fusion: Wird Herkers Ausstieg zum Bumerang? 

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