Gegner des in Pfaffenhofen geplanten Gewerbe- und Industrie-Gebiets "Kuglhof II" sehen sich durch Gerichts-Entscheidung bestätigt und kritisieren auch das Landratsamt.
(ty) Unter dem Motto "Stoppt den Flächenfraß" will die Interessen-Gemeinschaft aus Bund Naturschutz (BN), ÖDP und der örtlichen Wähler-Gruppe "Gemeinsam für Gemeinwohl" (GfG) verhindern, dass in Pfaffenhofen das geplante, knapp 38 Hektar große Gewerbe- und Industrie-Gebiet "Kuglhof II" realisiert wird. Sie hat selbst einen Bürgerentscheid erwirkt sowie per Antrag ans Verwaltungsgericht erreicht, dass die Stadt ihr diesem entgegen gestelltes Ratsgebehren vorerst nicht weiter betreiben darf. Die Stadt hat Beschwerde zum bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Die Gegenseite fordert indes, dass sich die Stadt der Anordnung des Gerichts beugt: "Die Stadt hat sehr lange nicht fair gespielt und sollte die Konsequenzen mit Würde tragen, statt weiter zu versuchen, auf Biegen und Brechen das Industrie- und Gewerbe-Gebiet Kuglhof II durchzusetzen. Kritik äußert die Interessen-Gemeinschaft auch an die Adresse des Pfaffenhofener Landratsamts.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu dem Ratsbegehren "haben wir genau so erwartet und bestätigt unsere Auffassung, die wir schon in der Stadtrat-Sitzung am 19. Januar 2023 entsprechend geäußert haben", so die Interessen-Gemeinschaft in einer aktuellen Presse-Mitteilung: "Man muss kein Jurist sein, sondern es genügt eigentlich gesunder Menschenverstand, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass sowohl mit der Überschrift als auch der Fragestellung des Ratsbegehrens der Eindruck vermittelt wird, dass es sich bei der Südumgehung angeblich um einen wesentlichen Projektteil des Gewerbeparks handeln soll und der Abstimmende, wenn er sich für die Südumgehung aussprechen möchte, auch zugleich für den Gewerbepark stimmen muss. Diese Koppelung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts unzutreffend und irreführend und beeinträchtigt die Entscheidungs-Freiheit der Bürger."
Das Verwaltungsgericht fasste – wie berichtet – folgenden Beschluss: "Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, das Ratsbegehren 'Wohlstand sichern, Klima schützen – Ja zum grünen Gewerbepark [Kuglhof] mit Südumgehung' mit der Fragestellung 'Sind Sie dafür, dass die Stadt Pfaffenhofen an der Ilm den Bebauungsplan 'Kuglhof II' für ein nachhaltiges Gewerbegebiet mit Pfaffenhofener Südumgehung vorantreibt' weiter zu betreiben."
Einen ausführlichen Bericht zum Beschluss des Verwaltungsgerichts München sowie zur Erklärung und zum Hintergrund lesen Sie hier: Ratsbegehren zu "Kuglhof II" ist vom Verwaltungsgericht vorerst gestoppt. Grund für die Entscheidung des Gerichts, so fasste die Stadtverwaltung ihrerseits mittlerweile zusammen, "ist die Erwähnung der Südumgehung in Überschrift und Fragestellung des Ratsbegehrens". Man habe "gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts umgehend Beschwerde an den bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben", wurde aus dem Rathaus gemeldet.
Die Interessen-Gemeinschaft "Stoppt den Flächenfraß am Kuglhof" erläutert jetzt zur Chronologie, dass sie gegen die Formulierung des besagten Ratsbegehrens bereits am 1. Februar dieses Jahres bei der Rechtsaufsicht am Pfaffenhofener Landratsamt eine Beschwerde eingelegt habe. "Aber nachdem von dort keine Reaktion kam", habe man "einen Eil-Antrag beim Verwaltungsgericht auf Unterlassung gestellt und jetzt auch gewonnen".
Weiter erklärt die Interessen-Gemeinschaft: "Wir sind uns sicher, dass der Widerspruch der Stadt gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts abgewiesen werden wird." Denn ein Beschluss, wie er nun vom Verwaltungsgericht getroffen wurde, "kommt nur in Betracht, wenn das Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet, dass die Antragsteller, also die Interessen-Gemeinschaft, auch siegen würde, wenn es zu einer Widerspruchs-Klage käme".
Zur Einordnung dieser Gerichts-Entscheidung: "Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können."
Das geht wörtlich aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Gemessen an den Anforderungen, so heißt es außerdem, "haben die Antragsteller sowohl den Anordnungsgrund als auch den Anordnungsanspruch auf vorläufige Nichtdurchführung des auf dem Ratsbegehren beruhenden Bürgerentscheids glaubhaft gemacht".
Dabei ist nach Dafürhalten des Verwaltungsgerichts "auch die jedenfalls teilweise Vorwegnahme der Hauptsachen-Entscheidung gerechtfertigt, da ein Obsiegen der Antragsteller in der Hauptsache nach summarischer Prüfung hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und die im Falle einer Durchführung des Bürgerentscheids des Ratsbegehrens in der beschlossenen Form zu erwartenden Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit der Bürger und damit verbundene Schmälerung der Erfolgsaussichten des Bürgerbegehrens nachträglich nicht mehr effektiv beseitigt werden könnten".
Zur Sache selbst heißt es vom Verwaltungsgericht unter anderem: "Mit der konkreten Formulierung des Ratsbegehrens dürfte hier in einer dem Gebot der Sachlichkeit und Ausgewogenheit beziehungsweise den Anforderungen an einen fairen Verfahrens-Ablauf widersprechenden Weise auf die Abstimmungsfreiheit eingewirkt werden."
Die Stadt geht aus Sicht der Interessen-Gemeinschaft mit dem von Bürgermeister Thomas Herker (SPD) "reflexartig" angekündigten Widerspruch "ein weiteres finanzielles Risiko ein und arbeitet fleißig und verbissen am vorhandenen Image-Schaden für Stadtverwaltung und Stadtrat". Weiter schreibt die Interessen-Gemeinschaft: "Nach jetzigem Rechtsstand sind alle bisher verschickten Wahlunterlagen, auch die bereits abgegebenen Stimmen, ungültig und sämtliche Wahlunterlagen müssen neu gedruckt und verschickt werden."
Der hiesige ÖDP-Kreisverband, die Pfaffenhofener Ortsgruppe des "Bund Naturschutz" sowie die örtliche Wähler-Gruppe "Gemeinsam für Gemeinwohl-GfG" fordern laut gemeinsamer Mitteilung, "dass die Stadt sich der Anordnung des Gerichts beugt und sofort neue Wahl-Unterlagen versendet, sodass der legale Bürgerentscheid am 16. April stattfinden kann – dem letzten Termin innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Dreimonats-Frist".
"Das Votum der über 2300 Bürger und Bürgerinnen, die für das Bürgerbegehren unterschrieben haben, also elf Prozent der Wahlberechtigten, muss endlich geachtet werden", postuliert die Interessen-Gemeinschaft. "Die Stadt hat sehr lange nicht fair gespielt und sollte die Konsequenzen mit Würde tragen, statt weiter zu versuchen auf Biegen und Brechen das Industrie- und Gewerbe-Gebiet Kuglhof II durchzusetzen." Abschließend proklamiert die Interessen-Gemeinschaft: "Die Welt wird nicht untergehen, wenn die Stadt einfach und sachlich den Bürgern und Bürgerinnen die Entscheidung überlässt und nicht weiter in widersprechender und unzulässiger Weise auf deren Abstimmungs-Freiheit einwirkt."
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