Wolnzach und Geisenfeld machen ernst: Sie fordern eine andere Verteilung der Sparkassen-Gewerbesteuer und prophezeien: Die Kreisstadt wird dann massiv an Einnahmen verlieren, während die übrigen Gemeinden deutlich gewinnen
Von Tobias Zell
Die Kommunen Wolnzach und Geisenfeld machen ihre Ankündigung wahr: Sie wollen nun dafür kämpfen, dass die Gewerbesteuer, die von der auch weiterhin eigenständigen Pfaffenhofener Sparkasse zu entrichten ist, künftig anders verteilt wird. Das würde nach den Worten des Wolnzacher Rathauschefs Jens Machold (CSU) vor allem zu Lasten der Kreisstadt gehen, aber allen übrigen Gemeinen im Geschäftsgebiet der Bank zugute kommen. „Die Stadt Pfaffenhofen wird massiv an Gewerbesteuer-Einnahmen verlieren und die anderen Kommunen werden deutlich gewinnen“, sagt Machold über den neuen Verteilungs-Schlüssel, für den er zusammen mit seinem Geisenfelder Amtskollegen Christian Staudter (USB) streiten will.
Den beiden ist es ernst. Wie Machold heute ankündigte, werde bereits in der Sitzung des Sparkassen-Verwaltungsrats am Dienstag der Antrag gestellt, ein neues Verteilungsmodell in Sachen Gewerbesteuer baldmöglichst zu behandeln. Außerdem soll seinen Worten zufolge Landrat Martin Wolf (CSU) gebeten werden, das Thema auf die Agenda des Kreistags zu setzen. Machold und Staudter sehen sich als Streiter für die Gemeinden im Landkreis, wollen ihnen sagen: „Ihr kriegt auch deutlich mehr.“
Diesen Vorstoß wollen die beiden ausdrücklich nicht als „Rache“ an der Stadt Pfaffenhofen für das Nein zur Sparkassen-Fusion – verstanden wissen. Im Gegenteil, sagt Machold und gibt sich sogar selbstkritisch: „Vielleicht waren wir in der Vergangenheit zu wenig konsequent.“ Stillschweigend habe man vieles toleriert – zum Wohle der gemeinsamen Sparkasse und ohne auf den eigenen Geldbeutel zu schauen. Das soll sich offensichtlich ändern. Man fordere nun genau den „fairen und gerechten“ Maßstab, den Herker bei den Fusions-Verhandlungen angelegt habe.
Um zu verstehen, worum es hier geht, muss man auf die vergangenen Wochen blicken, in denen intensiv über einen möglichen Zusammenschluss der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen diskutiert wurde. Nach dem einhelligen Nein des Pfaffenhofener Stadtrats vom gestrigen Abend dürften die Pläne für eine Dreier-Fusion gestorben sein. Machold zeigte sich heute „sehr überrascht“ von dem Votum. Nicht wegen des Ergebnisses an sich, wie er sagt, „sondern ob der Einstimmigkeit“.
Das muss zwangsläufig auch als Kritik an Macholds Parteifreunden in der Kreisstadt verstanden werden, die sich geschlossen hinter SPD-Mann Herker gestellt haben. Es sei ihm „ein komplettes Rätsel, wie man das so eindeutig entscheiden kann“, sagt Machold und verweist auf das ihm vorliegende Zahlenmaterial, über das er aber wegen der Verschwiegenheitspflicht nichts sagen dürfe.
Klarer Fingerzeig: Wolnzachs Bürgermeister Jens Machold (CSU).
Hinter der Pfaffenhofener Sparkasse stehen bekanntlich vier Eigentümer: die Kreisstadt und der Landkreis mit jeweils 40 Prozent sowie die Kommunen Wolnzach und Geisenfeld mit je zehn Prozent. Es war im Grunde von Anfang an klar, dass das Pfaffenhofener Geldinstitut bei einer Fusion nur dann mitmacht, wenn alle vier Träger zustimmen. Gestern hat man in der Kreisstadt abgewunken, damit ist der Dreier-Zusammenschluss praktisch gestorben.
Dass die Kreisstadt Nein zur Fusion sagt, hatte sich aber abgezeichnet. Die Stadt Pfaffenhofen stellte sich quer, weil sie bezüglich der Verteilung der Gewerbesteuer aus der fusionierten Mega-Sparkasse ganz andere Vorstellungen hatte, als die Vertreter aus Ingolstadt und Eichstätt. Diese Standpunkte waren offenbar so unversöhnlich, dass Herker sogar aus den Verhandlungen ausgestiegen ist.
„Bei den Überlegungen zu einer Fusion der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen ging es im Kern darum, dass man eine Lösung findet, die zum einen zukunftsfähig ist, zum anderen aber auch Chancen und Lasten fair und gerecht verteilt“, sagte Herker nach seinem Rückzug. „Ich sehe am jetzigen Punkt keine Möglichkeit mehr, eine Lösung in diesem Sinne zu erzielen, und habe deswegen mein Ausscheiden aus dem Lenkungs-Gremium, das die federführenden Gespräch führt, erklärt.“ Aus Ingolstadt musste er sich dafür rüpelhaftes Verhalten vorhalten lassen, während ihm daheim sogar die in der Opposition sitzende CSU zustimmte.
Auf harsche Kritik stieß Herkers Verhalten derweil in Wolnzach und Geisenfeld. Der Lenkungsausschuss, aus dem er sich so undiplomatisch verabschiedet hat, wurde eigens eingerichtet, um die Verhandlungen über einen möglichen Zusammenschluss zu führen sowie die entsprechenden Beschlussvorlagen für die Entscheidungs-Gremien vorzubereiten. In diesem Lenkungsausschuss saßen die Vorstandschefs der drei Sparkassen sowie die Vorsitzenden der drei Verwaltungsräte und ihre Vertreter – für die Sparkasse Pfaffenhofen sind das Bank-Boss Norbert Lienhardt, Landrat Martin Wolf und eben Herker.
Man kann durchaus sagen: Herker saß nicht in seiner Rolle als Oberhaupt der Kreisstadt in dem Lenkungsausschuss, sondern als Vertreter der Eigentümer der Pfaffenhofener Sparkasse. „Er hatte auch die zehn Prozent von Wolnzach und Geisenfeld im Gepäck“, veranschaulichte Machold bereits vor einigen Tagen und verwies auf die Vereinbarung, wonach der Lenkungsausschuss Verhandlungen führen solle. Dass Herker ausgestiegen ist, bewertete Machold deshalb als „Aufkündigung eines Grundkonsenses“ und „keine seriöse Vorgehensweise“. Kurzum: Man fühlte sich düpiert. Herker habe Stil, Niveau und Kollegialität vermissen lassen, monierte Machold, „jeglicher politische Anstand ist da missachtet worden“.
"Fair und gerecht"
Abgesehen von der massiven Kritik an seinem Verhalten sieht sich Herker seither aus Geisenfeld und Wolnzach auch mit seiner eigenen Argumentation konfrontiert – und das könnte im wahrsten Sinne des Wortes teuer werden. Machold und Staudter sagen jetzt nämlich: Wenn Herker in den Fusions-Gesprächen mit Ingolstadt und Eichstätt gefordert habe, dass die Gewerbesteuer „fair und gerecht“ verteilt wird, dann müsse das freilich auch „im Innenverhältnis“ gelten. Man fordere deshalb genau dieses Herker’sche Modell der fairen und gerechten Verteilung auch für die Gemeinden im Geschäftsgebiet einer eigenständigen Sparkasse Pfaffenhofen. „Wenn Herker dem nicht zustimmt, dann kann sein Modell auch nicht so fair und gerecht sein“, so Machold. Und sollte Herker zwar der Meinung sein, dass sein Modell fair und gerecht ist, es aber landkreis-intern nicht anwenden wollen: „Dann muss er sich aber die Frage gefallen lassen, warum sein Modell auf der einen Seite geht und auf der anderen nicht.“
Im übrigen betont Machold, dass Wolnzach und Geisenfeld bislang nie ihr Veto eingelegt hätten, wenn Stellen in die Zentrale nach Pfaffenhofen verlagert worden seien – obwohl sich das auf die Lohnsummen vor Ort und damit negativ auf die Gewerbesteuer-Einnahmen der beiden Kommunen ausgewirkt habe. „Uns ging es immer um das Gesamtunternehmen.“ Doch im Rahmen der Fusions-Verhandlungen habe Herker nun eben das Thema Gewerbesteuer-Verteilung aufgebracht. Und das könnte für seine Stadt zum Bumerang werden.
Doch was bedeutet das, was Machold und Staudter jetzt wollen? Die Gewerbesteuer, die die Pfaffenhofener Sparkasse zu bezahlen hat, soll ihrer Forderung nach künftig nicht mehr nach Lohnsummen – sprich: abhängig von der Zahl der Sparkassen-Arbeitsplätze in den jeweiligen Gemeinden – verteilt werden, sondern nach Wertschöpfung. Sie würde sich also danach bemessen, wie viel Gewinn die Sparkasse in der jeweiligen Kommune gemacht hat.
Machold hat die Vorstands-Etage der Pfaffenhofener Sparkasse auch bereits gebeten, das angestrebte Modell zu prüfen sowie dessen Folgen anhand konkreter Zahlen zu veranschaulichen. Details zu diesen Berechnungen sind noch nicht bekannt, aber das zentrale Ergebnis nahm Machold vor Tagen bereits vorweg: „Die Stadt Pfaffenhofen wird massiv an Gewerbesteuer-Einnahmen verlieren und die anderen Kommunen werden deutlich gewinnen.“
SPD-Fraktion erklärt Nein zur Fusion
Die Pfaffenhofener SPD-Fraktion hat derweil heute erklärt, warum sie gestern gegen den Banken-Zusammenschluss votiert hat. „Nach eingehender Beratung sind wir davon überzeugt, dass eine Fusion zum heutigen Zeitpunkt keinen Sinn ergibt“, heißt es da. Die Sparkasse Pfaffenhofen sei laut allen vorgestellten Gutachten und nach Aussagen der Vorstände auch eigenständig stabil und zukunftsfähig aufgestellt. Von den vorgestellten Synergie-Effekten aus einer Fusion profitiert nach Meinung der Sozialdemokraten vor allem Ingolstadt.
„Hinsichtlich des scheinbar in allen regionalen Instituten unumgänglichen Personalabbaus, müssten bei Eigenständigkeit wesentlich weniger Stellen abgebaut werden als durch die Fusion verloren gehen oder nach Ingolstadt abgezogen werden“, erklärt die SPD weiter. „Auch finanziell kämen bei einer Fusion nur kurzfristig positive Effekte zustande. Langfristig, auf die kommenden Jahrzehnte gesehen, würde vor allem die Stadt Pfaffenhofen deutlich verlieren.“ Die vorgebrachten Argumente zu möglichen finanziellen Kompensationen reichen nach Meinung der SPD nicht aus, um eine Fusion zu rechtfertigen – und seien zudem rechtlich nicht für die Zukunft abzusichern.
Bürgermeister Herker zur gestrigen Entscheidung des Stadtrats.
„Bis zuletzt konnten keine neuen und überzeugenden Überlegungen hinsichtlich Fachpersonal-Aufbau in den Regionen, Gewerbesteuer-Verteilung, zukünftiger Vertriebsstruktur, Infrastruktur, usw. dargelegt werden“, lautet das Fazit der SPD-Fraktion. Hinzu komme, „dass alle Signale des potenziellen Partners Ingolstadt wenig Kooperationsbereitschaft zeigten“. Auf die konkreten und gut ausgearbeiteten Vorschläge aus Pfaffenhofen sei „nicht im Ansatz eingegangen“ worden.
Es sei die Besonderheit einer Sparkasse im Vergleich zu anderen Banken, dass sie kommunal getragen werden und sich damit zu 100 Prozent in Bürgerhand befinde, betonen die Pfaffenhofener Sozialdemokraten: „Nicht zuletzt deshalb wollen wir als Gesellschafter mit 40 Prozent Anteil am Unternehmen unsere Sparkasse nicht ohne Not nach Ingolstadt verkaufen.“
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