Wolnzach und Geisenfeld fordern ein anderes Modell zur Verteilung der Sparkassen-Gewerbesteuer – Bringt ihnen nichts, sagt SPD-Kreischef Käser. Doch offenbar redet man aneinander vorbei.
Von Tobias Zell
Nachdem die Stadt Pfaffenhofen per Ratsbeschluss einer Fusion der hiesigen Sparkasse mit den beiden Häusern in Ingolstadt und Eichstätt einen Riegel vorgeschoben hat, sorgt jetzt ein Vorstoß der Bürgermeister aus Wolnzach und Geisenfeld für Diskussionsstoff. Jens Machold (CSU) und Christan Staudter (USB) fordern bekanntlich, dass die Gewerbesteuer, die eine weiterhin eigenständige Sparkasse Pfaffenhofen zu entrichtet hat, künftig nach einem anderen Schlüssel unter den Kommunen im Geschäftsgebiet verteilt wird. Und die beiden sind sich sicher: „Die Stadt Pfaffenhofen wird dann massiv an Gewerbesteuer-Einnahmen verlieren und die anderen Kommunen werden deutlich gewinnen.“
Markus Käser, Kreischef der SPD und Fraktionssprecher der Sozialdemokraten im Pfaffenhofener Stadtrat, hat sich dazu heute in einem persönlichen Statement zu Wort gemeldet und lässt es an Deutlichkeit nicht missen. Machold und Staudter, denen er „Untätigkeit“ vorwirft, müssten sich seiner Meinung nach eigentlich freuen, dass die Kreisstadt die Fusion verhindert hat. Aber er geht noch weiter.
"Liegt eventuell ein Verständnisfehler vor?"
Die Forderung aus Wolnzach und Geisenfeld in Sachen Gewerbesteuer-Verteilung bezeichnet Käser nicht nur als „substanzlos“, er fragt sich ganz unverhohlen, vor welchen Karren sich die beiden Rathauschefs da spannen lassen. Der SPD-Mann glaubt außerdem, dass die Umsetzung dessen, was die beiden Bürgermeister fordern, „keinerlei Auswirkungen“ habe – weder auf Pfaffenhofen noch auf die anderen Gemeinden. „Liegt eventuell ein Verständnisfehler vor?“, fragt sich Käser. Und so wie es derzeit aussieht, muss man diese Frage mit einem Ja beantworten.
Denn möglicherweise liegt tatsächlich ein Missverständnis vor und man redet schlicht aneinander vorbei. Um die Verwirrung zu lichten, muss man etwas zurückblicken: Nachdem der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD) aus den Fusions-Verhandlungen ausgestiegen war, erklärte er: „Bei den Überlegungen zu einer Fusion der Sparkassen Ingolstadt, Eichstätt und Pfaffenhofen ging es im Kern darum, dass man eine Lösung findet, die zum einen zukunftsfähig ist, zum anderen aber auch Chancen und Lasten fair und gerecht verteilt“. Und: „Ich sehe am jetzigen Punkt keine Möglichkeit mehr, eine Lösung in diesem Sinne zu erzielen, und habe deswegen mein Ausscheiden aus dem Lenkungs-Gremium, das die federführenden Gespräch führt, erklärt.“
Bürgermeister Herker nach dem Nein des Stadtrats zur Fusion.
Knackpunkt war die Verteilung der Gewerbesteuer aus der fusionierten Sparkasse. Hier gab es unversöhnliche Standpunkte. Herker verwies auf ein Gutachten, das seine Stadt eigens in Auftrag gegeben hatte. Ingolstadt und Eichstätt beriefen sich dagegen auf Berechnungen des bayerischen Sparkassenverbands. Pfaffenhofen wollte jedenfalls mehr vom Gewerbesteuer-Kuchen, als Ingolstadt und Eichstätt lieb war. Hintergrund: Im Rahmen der Fusion wären wohl zahlreiche Arbeitsplätze von Pfaffenhofen nach Ingolstadt verlegt worden. Und weil es bei der Gewerbesteuer nicht zuletzt nach Lohnsummen – also auch um die Zahl der Mitarbeiter vor Ort – geht, drohten Pfaffenhofen im Fall der Banken-Hochzeit geringere Einnahmen. Und für diese Einbußen forderte man einen finanziellen Ausgleich.
Eine aus Herkers Sicht „faire und gerechte“ Lösung gab es aber nicht – und das sah offensichtlich auch sein Stadtrat so. Das Gremium votierte, wie berichtet, in einer Sondersitzung hinter verschlossenen Türen einhellig gegen die Fusion. Der im Raum stehende Dreier-Zusammenschluss ist damit praktisch gestorben. Die Kreisstadt hält ebenso wie der Landkreis 40 Prozent an der hiesigen Sparkasse, die Kommunen Wolnzach und Geisenfeld jeweils zehn Prozent. Es galt von Anfang an als ausgemacht, dass das Pfaffenhofener Geldinstitut nur dann fusioniert, wenn alle vier Träger zustimmen.
"Fair und gerecht"
Dass den Bürgermeistern aus Wolnzach und Geisenfeld Herkers undiplomatischer Ausstieg aus den Fusionsverhandlungen – die er auch im Namen ihrer Kommunen führte, wie sie betonen – ziemlich stinkt, ist kein Geheimnis. Doch ungeachtet dessen, konfrontieren sie den Pfaffenhofener Rathauschef nun mit seiner eigenen Argumentation. Sie sagen nämlich: Wenn Herker in den Fusions-Gesprächen mit Ingolstadt und Eichstätt gefordert habe, dass die Gewerbesteuer „fair und gerecht“ verteilt wird, dann müsse das freilich auch „im Innenverhältnis“ gelten.
Man fordere deshalb genau dieses Herker’sche Modell der fairen und gerechten Verteilung auch für die Gemeinden im Geschäftsgebiet einer eigenständigen Sparkasse Pfaffenhofen. „Wenn Herker dem nicht zustimmt, dann kann sein Modell auch nicht so fair und gerecht sein“, sagt Machold. Und sollte Herker zwar der Meinung sein, dass sein Modell fair und gerecht ist, es aber landkreis-intern nicht anwenden wollen: „Dann muss er sich die Frage gefallen lassen, warum das auf der einen Seite geht und auf der anderen nicht.“
SPD-Kreischef Käser findet: Wolnzach und Geisenfeld sollten Pfaffenhofen dankbar sein.
Genau hier beginnt mutmaßlich das Missverständnis. „Machold und Staudter fordern für ihre Gemeinden die Anwendung des, im Falle einer Fusion von und für die Stadt Pfaffenhofen ausgearbeiteten, Vorschlags zur Berechnung der Gewerbesteuer“, sagt Käser. Was nicht ganz stimmt, wenn man die Äußerungen der beiden Bürgermeister zugrunde legt, die Machold heute auf Anfrage unserer Zeitung auch noch einmal bestätigte. Ihnen geht es nämlich nicht nur um eine andere Verteilung der Gewerbesteuer zwischen Pfaffenhofen, Wolnzach und Geisenfeld, sondern unter sämtlichen Gemeinden im Geschäftsgebiet der Sparkasse Pfaffenhofen.
Aber auch bezüglich dessen, was konkret gefordert wird, redet man möglicherweise aneinander vorbei. „Das Pfaffenhofener Modell berechnet sich auf einem Ausgleich der Lohnsummen, welche im Fall einer Fusion durch nach Ingolstadt abgezogenes oder in der Sparkassen-Hauptstelle der Kreisstadt nicht nachbesetztes Personal, verloren gegangen wären“, sagt Käser und kommt deshalb zu dem Schluss: Wolnzach und Geisenfeld hätten bei der Anwendung dieses Modells „vor allem deshalb keinerlei Mehrwert, da laut Vorstand kein Personal aus den dortigen Filialen nach Pfaffenhofen verlagert wird. Weder heute, noch morgen“.
Missverständnis um Modelle?
Auf der Gegenseite verspricht man sich allerdings deutliche Mehreinnahmen für die Kommunen, geht allerdings offenbar auch von einer anderen Grundlage aus. Denn was bedeutet das, was Machold und Staudter fordern, aus deren Sicht? Die Gewerbesteuer, die die Pfaffenhofener Sparkasse zu bezahlen hat, soll künftig nicht mehr nach Lohnsummen – sprich: abhängig von der Zahl der Sparkassen-Arbeitsplätze in den jeweiligen Gemeinden – verteilt werden, sondern nach Wertschöpfung. Sie würde sich also danach bemessen, wie viel Gewinn die Sparkasse in der jeweiligen Kommune macht.
Es scheint jedenfalls so, als würden Käser auf der einen sowie Machold und Staudter auf der anderen Seite aneinander vorbeireden. Denn während der SPD-Kreischef mit „Pfaffenhofener Modell“ offenbar die konkret von Herker bei den Fusionsverhandlungen in Ingolstadt geäußerten Forderungen und Berechnungsgrundlagen meint, verlangt man in Wolnzach und Geisenfeld die von Herker postulierte „faire und gerechte“ Verteilung.
Am Dienstag tagt der Verwaltungsrat
Nähere Aufklärung ist spätestens am Dienstag zu erwarten, wenn der Verwaltungsrat der Pfaffenhofener Sparkasse tagt. Denn wie Machold bereits angekündigt hatte, werde in der Sitzung der Antrag gestellt, ein neues Verteilungsmodell in Sachen Gewerbesteuer baldmöglichst zu behandeln. Außerdem soll Landrat Martin Wolf (CSU) gebeten werden, das Thema auf die Agenda des Kreistags zu setzen. Machold und Staudter sehen sich hier als Streiter für die Gemeinden – und das Signal, das sie ihnen in Sachen Gewerbesteuer-Einnahmen senden, lautet: „Ihr kriegt auch deutlich mehr.“
Wolnzachs Bürgermeister Machold ist überzeugt von dem Vorstoß, den er zusammen mit seinem Geisenfelder Amtskollegen unternommen hat.
Für Käser ist das indes auch kommunalpolitisch „nicht nachvollziehbar“. Er spricht von einem „verspäteten Ruf nach Gerechtigkeit“. Denn seiner Meinung nach hätte die Fusion für Wolnzach und Geisenfeld im Vergleich zum Status quo deutlich weniger politischen Einfluss mit sich gebracht. „Einfluss, den doch wirklich keine Gemeinde für ein paar billige Lockmittel wie Sporttrikots oder Bandenwerbung aufgegeben hätte, oder?“
In Wolnzach und Geisenfeld müsste man sich nach Meinung von Käser deshalb eigentlich freuen, „dass durch den Einsatz von Thomas Herker und die Entscheidung des Stadtrats für ihre Gemeinden und die dortigen Sparkassenfilialen, alles so bleibt, wie es war“, wie er sagt. „Vor diesem Hintergrund und der ihnen bis dato eigenen Untätigkeit, muss man dann auch die Frage stellen, vor welchem Karren nun jetzt Machold und Staudter eigentlich im Geschirr stehen, wenn mit der inhaltlich substanzlosen Forderung für ihre Gemeinden, außer weiterem Flurschaden, nichts erreicht werden kann?“
"Trotzig die eigene Untätigkeit vernebeln"
Außerdem wundert sich Käser, „warum die beiden Bürgermeister nicht früher mit eigenen Vorschlägen und Berechnungen aufgetreten sind“. Konkrete Vorschläge und eine ausgereifte Analyse seien nur von Herker und der Stadt Pfaffenhofen eingebracht worden. „Von Wolnzach und Geisenfeld sind mir weder Konzepte, eigene Gutachten, noch umfassende Informationsveranstaltungen bekannt“, sagt der SPD-Kreischef und rät den beiden Bürgermeistern: „Anstatt trotzig nun die eigene Untätigkeit zu vernebeln, wäre es doch vielmehr im Sinne des gemeinsamen Unternehmens und des Gemeinwohls angebracht, die Herausforderungen der Zukunft konsequent anzupacken und mit der nun aufrecht erhaltenen Freiheit unsere Sparkasse als ,Bank der Bürger’ konstruktiv weiterzuentwickeln.“
"Vielleicht waren wir zu wenig konsequent"
In Wolnzach und Geisenfeld hält man dagegen ausdrücklich an der Forderung der „gerechten und fairen“ Verteilung der Gewerbesteuer fest, wie Machold heute noch einmal bestätigte. Dieser Vorstoß solle auch nicht als „Rache“ an der Stadt Pfaffenhofen für das Nein zur Fusion – verstanden werden. Im Gegenteil, sagte Machold bereits am Freitag und gab sich sogar selbstkritisch: „Vielleicht waren wir in der Vergangenheit zu wenig konsequent.“ Stillschweigend habe man vieles toleriert – zum Wohle der gemeinsamen Sparkasse und ohne auf den eigenen Geldbeutel zu schauen. Das soll sich nun offensichtlich ändern. Man fordere jetzt genau den „fairen und gerechten“ Maßstab, den Herker angelegt habe. Er sei es schließlich gewesen, der das Thema Gewerbesteuer ins Spiel gebracht hat.
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