Bürgermeister wirbt für neues Konzept, das am Mittwoch erläutert wird. Einzelhändler skeptisch, CSU gegen Reihenfolge der Schritte.
(ty) Wie soll der Verkehr künftig durch die Pfaffenhofener City fließen? Was bedeuten die von Bürgermeister Thomas Herker (SPD) und der Stadtrats-Mehrheit beschlossenen Veränderungen für den lokalen Einzelhandel? Wird die Hauptplatz-Durchfahrt demnächst wirklich gesperrt oder stoppt die CSU das per Bürgerentscheid? Viele Fragen zur Zukunft des Stadtzentrums standen auch bei der jüngsten Arbeitssitzung des IHK-Regional-Ausschusses Pfaffenhofen zur Diskussion, im Hintergrund laufen die Debatten und das Werben für die Standpunkte seit Wochen. Am Mittwoch gibt es eine Veranstaltung zur Bürger-Information. Eine Zusammenfassung.
Aufgrund der Brisanz des Themas für den örtlichen Einzelhandel hatte Eduard Kastner, Vorsitzender des IHK-Gremiums, ins Rathaus geladen. Herker beleuchtete zunächst die sehr gute wirtschaftliche Lage der Stadt, die sich auch in den kontinuierlich wachsenden Gewerbesteuer-Einnahmen widerspiegelt. Ein erfolgreicher und attraktiver Standort sei aber zwangsweise, so Herker, auch eng mit einem steigenden Verkehrsaufkommen konfrontiert. Für eine Stadt wie Pfaffenhofen, die eine hohe Verkehrsdichte aufweist, seien daher Veränderungen im Mobilitätsverhalten und Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung unumgänglich. "Für unsere Zukunft müssen wir sie jetzt anpacken. Wegducken geht nicht", forderte Herker.
Der Rathauschef gewährte Einblicke in das vom Stadtrat mehrheitlich beschlossene, aber nicht umunstrittene Verkehrskonzept, das diese Woche der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Am Mittwoch, 7. Februar, lädt die Stadtverwaltung ab 19 Uhr in den Festsaal des Rathauses ein, um über das künftige Verkehrs- und Parkplatz-Konzept aufzuklären. Hauptziel sei es, so der Bürgermeister, über Verkehrs-Ableitungen und Umbau-Maßnahmen auf dem Hauptplatz, die Innenstadt täglich von etwa 6000 Fahrzeugen zu entlasten. Dabei handelt es sich um Verkehrsteilnehmer, die abkürzen und keinerlei Einkaufsabsichten hegen. Ergebnis soll sein, dass die City für mehr Menschen, ob Besucher von auswärts oder einheimische Kunden, an Attraktivität gewinnt.
Einzelhändler wie Alexander Urban und Peter Daubmeier äußerten bei dem IHK-Treffen sogleich ihre Bedenken. Sie befürchten, dass ihnen durch die erschwerte Zufahrt und den Wegfall von Parkmöglichkeiten Kundschaft verloren geht. Herker widersprach und verwies auf die aus seiner Sicht sehr komfortable Parksituation, die sich nur geringfügig ändern würde. Ihm sei klar, dass eine Stadt nur funktionieren könne, wenn es dem Einzelhandel gut gehe. Die Vielschichtigkeit des Problems offenbarte sich dann auch in der anschließenden Diskussion. Elke Christian, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ingolstadt, mahnte, die Stimmen aus der Wirtschaft anzuhören und Veränderungen gemeinsam mit ihr und nicht gegen sie voranzutreiben.
Die CSU hat – wie berichtet – ein Bürgerbegehren gegen die anvisierte Durchfahrts-Sperrung für den motorisierten Verkehr zwischen Oberem und Unterem Hauptplatz gestartet. Die Maßnahme soll auf diesem Wege letztlich per Bürgerentscheid verhindert werden. Mehrere Geschäftsleute unterstützen den CSU-Vorstoß, legten etwa auch die Unterschriftslisten aus. Das Verkehrskonzept verfolgt nach Meinung der Christsozialen zwar die richtigen Ziele mit vielen sinnvollen Maßnahmen; die Stadt mache jedoch den dritten Schritt vor dem ersten: "Mit der Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt für den allgemeinen Durchgangs-Verkehr droht ein mögliches Verkehrs-Chaos in den bereits überlasteten Straßen, insbesondere Schul- und Kellerstraße. Die Stadt wird dadurch faktisch geteilt", heißt es zur Begründung des Bürgerentscheids.
Bürgermeister Thomas Herker (SPD) bei dem IHK-Treffen.
Nach Dafürhalten der CSU um ihren Ortsvorsitzenden Christian Moser muss zunächst durch die Fertigstellung der Umgehungsstraße der Verkehr nach außen verlagert werden. Bis dahin müssten tragfähige Alternativen zur maßvollen Lenkung der Verkehrsströme ohne Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt ergriffen, das ÖPNV-Angebot ausgebaut sowie der Fuß- und Radverkehr gestärkt werden. Der Vorschlag des Bürgerbegehrens, statt der Sperrung einen verkehrsberuhigten Bereich zu schaffen, verfolge dieselbe Zielrichtung, nehme aber alle Bürger und die Geschäftstreibenden mit. Die Erreichbarkeit des Hauptplatzes bleibe so attraktiv.
Mehrheitlich für eine Hauptplatz-Variante ohne Durchgangs-Verkehr, jedoch mit Parkplätzen, haben sich die Teilnehmer bei einer Befragung der neu gegründeten Interessen-Gemeinschaft "Mobilitätswende Pfaffenhofen" (IG) ausgesprochen. Nach deren Angaben hatten zwischen 15. Dezember und 15. Januar insgesamt 1885 Personen an der Umfrage teilgenommen, gewertet wurden davon 1753 Stimmen – die anderen fielen laut IG etwa wegen einer auffälligen IP-Adresse, unsvollständiger Angaben oder deshalb heraus, weil man zu dem Schluss gekommen war, dass sie nicht in Pfaffenhofen wohnen.
25,5 Prozent hatten nach Angaben der IG für einen autofreien Unteren Hauptplatz votiert. 24,4 Prozent möchten eine Variante, bei der der Obere und Untere Hauptplatz mit Parkplätzen ausgestattet ist, es aber keinen Durchgangs-Verkehr, jedoch einen Radl-, Bus- und Fußgängerstreifen gibt. 22,4 Prozent möchten die nächsten fünf Jahre nichts verändert wissen. 15,6 Prozent wollen einen vollkommen autofreien Hauptplatz und 12,2 Prozent eine Variante, wonach der Obere und Untere Hauptplatz anfahrbar ist, es aber keinen Durchfahrts-Verkehr gibt.
Mehrmals betonte Bürgermeister Thomas Herker bei dem IHK-Treffen, dass die Veränderungen die Innenstadt aufwerten würden und sich damit auch das Einkaufserlebnis für die Menschen verbessere. Davon werde auch der stationäre Einzelhandel, der aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs im Online-Handel vor großen Herausforderungen steht, profitieren. Damit spannte er den Bogen zum Projekt "Digitale Einkaufsstadt Pfaffenhofen", dem sich der zweite Teil des Abends widmete.
Über den aktuellen Stand in dem bayerischen Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt“, inzwischen unter dem Slogan „Besser daheim – wer weiter denkt, kauft näher ein“ bekannt, informierten Matthias Scholz und Philipp Schleef von der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP). Das kommunale Unternehmen begleitet das Projekt seit seinem Start im Frühjahr 2016. Ziel der vom bayerischen Wirtschaftsministerium geförderten Initiative ist es, angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks aus dem E-Commerce für lokale Einzelhändler einen Online-Marktplatz zu schaffen, auf dem sie sichtbar sind und ihre Produkte präsentieren können.
Schleef betonte, wie wichtig es sei, Kunden im Internet anzusprechen und sie dort für den Einkauf vor Ort zu begeistern. So wird im zweiten Schritt der lokale Einzelhandels-Umsatz gestärkt. Das erfordere gleichzeitig, so der Experte, auch über neue Wege der Warenverteilung nachzudenken wie beispielsweise die Auslieferung per Radkurier oder das Abholen an einer Paketstation. Am 17. März dieses Jahres soll die Plattform online gehen. Bislang konnte die WSP dafür 50 Händler gewinnen. "Wir arbeiten natürlich daran, noch weitere zu überzeugen", so WSP-Chef Scholz, "für etwa 150 Unternehmen aus Pfaffenhofen dürfte unser Portal interessant sein."
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