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Bürgermeister und bunte Koalition legen den Rückwärtsgang ein, CSU will trotzdem das Bürgerbegehren einreichen.

Von Tobias Zell

Das Rathaus-Bündnis von SPD, FW, ÖDP und Grünen knickt offenbar ein, die Christsozialen werden es gegebenenfalls als ihren Erfolg verbuchen. Der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD) hat signalisiert, dass der mehrheitlich gefasste Grundsatz-Beschluss des Stadtrats zum Verkehrs-Konzept entscheidend modifiziert beziehungsweise revidiert werden soll. Die Sperrung der Durchfahrt zwischen Oberem und Unterem Hauptplatz für den motorisierten Verkehr soll demnach vorerst nicht kommen. Damit reagieren Herker & Co. auf das von der CSU initiierte Bürgerbegehren, das die umstrittene Maßnahme per Bürgerentscheid kippen will. 

"Vielleicht müssen wir Druck aus dem Kessel nehmen", räumte Herker am Mittwochabend bei einer städtischen Info-Veranstaltung im Rathaus-Festsaal ein, die auch live im Internet übertragen worden war. Man solle sich "nicht gegenseitig weiter bekriegen", appellierte der Bürgermeister und sprach von einer "vergifteten" sowie "emotionalen" Diskussion, in der seinen Worten zufolge manches sehr verengt beziehungsweise einiges nicht richtig dargelegt wurde. Er selbst wählte allerdings auch nicht gerade jede seiner Formulierungen so, dass ihm eine große Karriere im diplomatischen Dienst prophezeit werden könnte. So reagierte er zuweilen recht forsch auf manche Wortmeldung, belehrte und kritisierte obendrein zumindest Teile der heimischen Geschäftswelt.

Und als der örtliche CSU-Vorsitzende Christian Moser, zugleich einer der offiziellen Vertreter des Bürgerbegehrens, am Ende der Veranstaltung noch einmal genau wissen wollte, ob denn nun die Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt lediglich zeitlich nach hinten verschoben werden soll oder ob diese Maßnahme tatsächlich komplett aus dem umstrittenen Grundsatz-Beschluss des Stadtrats gestrichen wird, reagierte Herker ausweichend. Er wolle der Weisheit des Gremiums nicht vorgreifen, proklamierte er sinngemäß und zog es dann vor, lieber das in seinem Sinne ausfallende Stimmungsbild im Saal einzuholen, als zu antworten. Moser kündigte auch angesichts dessen am späten Abend gegenüber unserer Zeitung an: "Wir reichen das Bürgerbegehren auf jeden Fall ein."

Dabei hatte Herker am Nachmittag noch eigens zu einem Pressegespräch ins Rathaus geladen, um Vertretern der lokalen Medien zum einen vorab ausführlich die Details über das Verkehrs-Konzept zu präsentieren sowie ihnen zum anderen darzulegen, dass man "nicht mit Gewalt einen Spaltkeil in die Gesellschaft" treiben wolle und deshalb "dem Stadtfrieden zuliebe" sich durchaus vorstellen könne, diesen besagten Grundsatz-Beschluss aufzuheben.

"Ich würde diesen Schritt gehen", sagte er, "ich würde den Beschluss modifizieren." Die Fraktionen, die den Grundsatz-Beschluss im November mitgetragen hatten – also die der bunten Koalition – sind Herkers Worten zufolge auch bereit dazu. Das ließ er am Abend auch noch einmal öffentlich wissen. Das zuvor den Medien Offenbarte durfte aufgrund einer ausdrücklich verhängten Sperrfrist erst nach dem Ende der abendlichen Info-Veranstaltung veröffentlicht werden. Bei beiden Terminen räumte Herker ein, dass die Kommunikation in Zusammenhang mit dem Verkehrs-Konzept zumindest nicht ideal gelaufen war.

99-Prozent-Lösung im Fokus

"Ich wähne eine Mehrheit im Stadtrat", sagte Herker jedenfalls über die Variante, die nun sozusagen als "99-Prozent-Lösung" in die Stadtgeschichte eingehen könnte – und die mutmaßlich verhindern soll, dass die CSU dem bunten Bündnis per Bürgerentscheid eine Niederlage bescheren könnte. Konkret geht die vom Rathauschef jetzt ins Spiel gebrachte Alternative so: Das anvisierte Verkehrs-Konzept, über das von der Grundidee her quer durch den gesamten Stadtrat Einigkeit herrscht, soll wie geplant umgesetzt werden – und zwar komplett, bis auf die umstrittene Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt. Die Sperrung könnte, so führte Herker durchaus überraschend aus, sowieso erst im Jahr 2020 erfolgen. Deshalb soll diese Frage – so der Sinneswandel – nun auf einmal außen vor bleiben und vom nächsten Stadtrats-Gremium entschieden werden. Das Thema sei "eine wunderbare Möglichkeit, sich im Kommunalwahlkampf 2020 zu positionieren", befand Herker.

Der aktuelle Stadtrat hatte – wie berichtet – am 8. November vergangenen Jahres mehrheitlich dafür votiert, dass die Durchfahrt zwischen Oberem und Unterem Hauptplatz im Zuge des neuen Konzepts für den motorisierten Verkehr (außer zum Beispiel Stadtbusse) gesperrt werden soll. Die CSU zeigte sich grundsätzlich einverstanden mit der großen Idee, die hinter dem Ganzen steht, und goutierte im Grunde auch die verschiedenen Maßnahmen – hielt allerdings deren Reihenfolge für schlichtweg falsch. Der Vorschlag von Altbürgermeister Hans Prechter (CSU), über das auf allgemeine Zustimmung stoßende Konzept einerseits sowie über die umstrittene Einzel-Maßnahme "Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt" andererseits doch getrennt abzustimmen, wurde damals mehrheitlich abgewiesen. 

Alles, bis auf die Poller

Der Vorschlag, der nun als mutmaßlich friedensbringend im Raum steht: Die von der Stadtverwaltung ausgearbeiteten Maßnahmen zu dem Verkehrs-Konzept  sollen in den nächsten Jahren realisiert werden. Und zwar allesamt – bis eben auf die Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt. Will sagen: Es wird alles gemacht, nur die Poller, die absperren, werden nicht gesetzt. Stattdessen soll auf dem umstrittenen Durchfahrts-Areal ein so genannter verkehrsberuhigter Geschäftsbereich entstehen, wo höchstens zehn Stundenkilometer gefahren werden dürfen, aber halt die Durchfahrt noch möglich bleibt. Herker nannte das eine "Zwischenlösung" und räumte gegenüber unserer Zeitung ein, dass sie eine Reaktion auf die Unterschriften-Sammlung der CSU sei – sprich: den drohenden Bürgerentscheid.

Ist das nun ein Einknicken, ein Zurückrudern, eine Niederlage der bunten Koalition? Oder gar ein Sieg für die CSU? "Politik ist die Kunst des Machbaren", meint Herker und versucht nun, Argumente zu liefern, mit denen man diesen offensichtlichen Umschwung begründen kann. Er betont, dass man Zeit brauche für die Umsetzung des Konzepts und die baulichen Maßnahmen.  Dass es "doch nicht so sportlich" gehe, wie man vor einem halben Jahr noch gemeint habe. Dass die Hauptplatz-Umgestaltung deshalb sowieso erst im Jahr 2020 kommen könnte. Andererseits erklärt er aber, dass man der Diskussion, der Entwicklung mehr Raum und Zeit geben wolle und dass dieser "Zwischenschritt" nun eben mehrheitsfähig erscheine. Vielleicht gelange man ja letztlich zu der Erkenntnis, sagt er gar, dass dieser letzte Schritt – die Durchfahrts-Sperrung – doch nie vollzogen werde. Die bunte Koalition, betont er zugleich, hielte sie aber schon für sinnvoll.

Spannung am 22. Februar 

Unterm Strich sieht es – objektiv betrachtet – aktuell danach aus, als wäre die bunte Koalition selbst nicht mehr so 100-prozentig überzeugt von dem, was sie da so grundsätzlich mit ihrer Stadtrats-Mehrheit im November beschlossen hat. Zumindest offenbar nicht so felsenfest überzeugt, dass man einen Bürgerentscheid riskieren will, den man ja auch verlieren könnte. Allerdings ist Zurückhaltung geboten: Denn noch ist die von Herker jetzt signalisierte Rücknahme des Beschlusses zur Durchfahrts-Sperrung eine Ankündigung. Die nächste Stadtrat-Sitzung findet am 22. Februar statt; danach wird man mehr wissen. Zuvor allerdings will die CSU laut Moser das Bürgerbegehren einreichen.

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