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Pfaffenhofener Kreis-Bauausschuss holt fehlenden Beschluss nach – und beendet einen peinlichen Fall, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte und auf Kosten der Steuerzahler geht

(zel) Der umstrittene Giebel, den sich das Pfaffenhofener Landratsamt zum Hofberg hin selbst genehmigt hatte und gegen den ein Nachbar wegen der Schattenwirkung vor Gericht gezogen war, wurde im September vergangenen Jahres bereits abgerissen. Damit verschwand das Symbol der Peinlichkeit, das den Landkreis bundesweit in die Schlagzeilen gebracht hatte. Für die ZDF-Sendung „Länderspiegel“ war der Fall bekanntlich damals der „Hammer der Woche“. Erledigt war die Angelegenheit aber auch mit dem Abbruch des Giebels nicht. Im Gegenteil: Bis gestern zog sich das Drama, das in mehreren Akten aufgeführt wurde. Jetzt aber hat der Bau- und Vergabeausschuss des Kreistags den noch fehlenden Beschluss gefasst. Die Giebel-Affäre ist damit beendet. Zumindest formal.

Ausgerechnet das Landratsamt hatte sich bei seiner eigenen Erweiterung einen Giebel erlaubt, der nicht genehmigungsfähig war. Außerdem kam ans Licht, dass die Kreisbehörde einen gerichtlich verhängten Baustopp ignoriert hatte. Und als ob das noch nicht genug wäre, stellte der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) obendrein fest, dass der Vergleich, der mit dem Nachbarn geschlossen wurde und der als zentralen Punkt eben den Giebel-Abriss beinhaltet, schwebend unwirksam war. Deshalb muss sich der Ausschuss gestern noch einmal mit dem leidigen Thema befassen.

"Eigentlich kein Mandat gehabt"

Denn es fehlte nach Einschätzung des BKPV nicht weniger als ein politischer Beschluss zum konkreten Inhalt des Vergleichs – sprich: Ein Beschluss zum längst erfolgten Abbruch des Giebels. Landrat Martin Wolf (CSU) hatte gegenüber unserer Zeitung die Sichtweise des Prüfungsverbands als durchaus „zutreffend“ bezeichnet. Man habe vom Kreisgremium den Auftrag bekommen, einen Vergleich zu erwirken. Und das sei gelungen. Die Rechtsvertreter beider Seiten hätten diesem Vergleich zugestimmt und das Gericht habe ihn dann auch angenommen. Daraufhin wurde der Giebel abgerissen und durch eine Dachschräge ersetzt. Aber jetzt sagte der Prüfungsverband – so formulierte es Wolf: „Euer Rechtsanwalt hat zwar zugestimmt für Euch, aber er hat eigentlich kein Mandat gehabt. Oder Ihr habt ihm im Nachhinein das nicht abgesegnet.“ Deshalb bewertete der BKPV den Vergleich als schwebend unwirksam.

Etwas einfacher ausgedrückt: Man hatte zwar politisch beschlossen, einen Vergleich zu schließen. Aber dessen tatsächlicher Inhalt war bislang nicht beschlossen gewesen. Bis gestern, als die Mitglieder des zuständigen Bau- und Vergabeausschusses geschlossen die Hand hoben und den schwebend unwirksamen Vergleich nachträglich genehmigten und damit wirksam machten.

Wolf rechtfertigte sich noch einmal: Er habe damals das Gremium nicht eigens zusammengerufen, um den Inhalt des Vergleich absegnen zu lassen – weil man keine Beschlüsse mehr zum Giebel treffen wollte, bevor der BKPV-Bericht vorliegt. Er habe damals auch „keine Dringlichkeit gesehen“, so Wolf. Der Kreischef warb nun für die nachträgliche Zustimmung zu dem Vergleich mit dem Nachbarn – und zugleich auch für einen inzwischen angebahnten weiteren Vergleich mit dem für den Giebel verantwortlichen Architekturbüro.

Denn das Büro hatte, so die Argumentation, die „nicht genehmigungsfähige Planung“ erstellt – und ist auch tatsächlich bereit, 10 000 Euro zu bezahlen. Erfreulich ist das freilich für den Landkreis, weil man so die peinlichen Mehrkosten reduzieren kann. Allerdings fragt der gesunde Menschenverstand, warum das Landratsamt – das ja selbst Bau- und Genehmigungsbehörde ist – denn überhaut eine „nicht genehmigungsfähige Planung“ überhaupt für gut befunden und umgesetzt hat. Eine Antwort darauf gab es in der gestrigen Sitzung allerdings nicht.

Auf Kosten der Steuerzahler

Man erfuhr aber noch einmal, dass die in Zusammenhang mit der Giebel-Affäre entstandenen Mehrkosten insgesamt gut 90 000 Euro betragen – zu tragen letztlich vom Steuerzahler. Abzüglich der genannten 10 000 Euro, um die das Architekturbüro erleichtert wird. Franz Rothmeier (SPD) wollte die 6000 Euro Anwaltskosten, die der Freistaat Bayern übernommen hatte, zu den Kosten addiert wissen. Denn das seien schließlich auch Steuergelder.

Elke Drack (SPD) warf indes noch einmal einen grundsätzlichen Blick auf den ganzen Fall – und Wolf vor, er habe „ohne Vollmacht gehandelt“. Denn es habe eben keinen Beschluss gegeben, der den Vergleich inhaltlich abgesegnet hätte. Darin sah sie einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung. „Der Landrat trägt natürlich die politische Verantwortung“, proklamierte Drack. Sie hoffe, dass Wolf daraus die Konsequenzen ziehe. Wie die aussehen sollen, führte sie jedoch nicht näher aus. Jedenfalls sieht Drack „viel Vertrauen zerbrochen“. Zugleich stellte sie noch einmal heraus, dass dem Gremium nun im Grunde gar nichts anderes übrig bleibe, als dem Inhalt des Vergleichs nachträglich zuzustimmen. Denn der Giebel sei abgerissen und der Vergleich unwiderruflich geschlossen. „Beides kann nicht rückgängig gemacht werden.“

Pfaffenhofens Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) widersprach Drack: Wolf habe nicht eigenmächtig gehandelt, findet er. Das Gremium sei sich damals einig gewesen, dass man sich mit dem Nachbarn einigen wolle. Die Verwaltung habe das dann umgesetzt und deshalb seiner Ansicht nach pflichtgemäß agiert. Nur mit ganz spitzem Bleistift könne man jetzt einen fehlenden Beschluss monieren.

"Formaler Fehler"

So sah das auch Wolf. Den Vorwurf, ohne Beschluss gehandelt zu haben, wies er zurück. Man habe lediglich einen „formaler Fehler“ gemacht. Wolf sah nach eigenen Worten einen „klaren Auftrag“ zum Abschluss des Vergleichs. Entscheidend sei doch, ob der Wille des Gremiums umgesetzt worden sei – und das war seiner Meinung nach hier klar der Fall. Wolf gab sich zutiefst davon überzeugt, dass man von Seiten des Landratsamts so gehandelt habe, wie es vom Ausschuss gewünscht worden war. Er räumte aber ein, dass man damals, als man beschlossen hatte, den Vergleich zu schließen, auch gleich hätte mitbeschließen sollen, dass man diesem dann auch inhaltlich zustimme.

In einem Punkt aber zeigte sich Wolf im Rückblick auf die Giebel-Affäre schuldbewusst. „Hätte man an einer Stelle anders handeln sollen?“ Diese Frage beantwortete er gestern mit einem klaren Ja. Die nun entstandenen Mehrkosten habe man in einem „Risiko-Szenario“ in Kauf genommen, räumte er ein. Weil der besagte Nachbar die Unterschrift zu den Giebel-Plänen verweigert hatte, war zumindest klar, dass er gegen das Vorhaben klagen könnte und man gegebenenfalls dann auch verlieren kann.

Aus heutiger Sicht weiß Wolf: Gerade das Landratsamt, selbst Genehmigungsbehörde, müsse sich einen engeren Rahmen setzen, um eine Genehmigung dann auch zu bekommen. Heute würde er in einem solchen Fall „die Reißleine ziehen“, sagte er. Stattdessen habe man mit dem Giebel auf eine Ausnahme – bezüglich der Abstandsflächen – gesetzt, die man dann aber nicht bekommen habe.

Volle Transparenz? Lieber nicht!

Kerstin Schnapp, die Kreischefin der Grünen, blitze mit ihrem Antrag ab, den Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands  zur Giebel-Affäre am Landratsamt vollständig öffentlich zu machen. Am Ende votierte nur sie selbst für dieses Ansinnen. Bemerkenswert war dabei, dass auch die Sozialdemokraten dem Antrag ihre Zustimmung versagten. Denn SPD-Kreischef Markus Käser – er sitzt nicht in dem Gremium – hatte sich für die Veröffentlichung des Berichts stark gemacht und Landrat Wolf in diesem Zusammenhang sogar „Wortbruch“ vorgeworfen. Zu der Debatte über die Veröffentlichung lesen Sie: Volle Transparenz? Lieber nicht!

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