Grünen-Politiker verschiedener Ebenen kritisieren scharf, dass das Landratsamt die Erweiterung der Hähnchenmast in Eschelbach genehmigt und eine dagegen laufende Petition ignoriert hat.
(zel) Nachdem das Pfaffenhofener Landratsamt heute bekanntgegeben hat, dass es – wenngleich mit vielen Auflagen – die Genehmigung für die Erweiterung des Hähnchenmast-Betriebs im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach auf 144 600 Tiere erteilt hat, hagelte es harsche Kritik von den Grünen. Und zwar quer durch die politischen Ebenen. Den Parteivertretern stößt vor allem sauer auf, dass die gegen das Vorhaben laufende Petition zum bayerischen Landtag ignoriert worden sei. „Dreist“ und „unanständig“ sei das, „schockierend“, „eine Missachtung des Parlaments“ und „eine Verhöhnung des demokratischen Prinzips“.
„Gegen den Willen der Gemeinde und ihrer Bewohner“ habe das Landratsamt eine „gigantische Hühnermast-Anlage“ in Eschelbach genehmigt, monieren die Landtags-Grünen. Die dagegen laufende Petition sei ignoriert worden. „Dieses Vorgehen ist dreist und undemokratisch“, rügt Rosi Steinberger, die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, das Landratsamt. Sie prangert an: Die Petition sei unter anderem auch deshalb derzeit in einer Warteschleife, weil die Genehmigungsbehörde wichtige Unterlagen nicht an den Umweltausschuss des Landtags weiterreiche.
„Ohne Umweltverträglichkeitsstudie, ohne TÜV-Genehmigung und ohne Einverständnis der betroffenen Gemeinde ein derart umweltbelastendes Vorhaben aufs Gleis zu setzen, ist schlicht unanständig“, so Steinberger weiter. Landtags- und Parteikollege Christian Magerl, zugleich Vorsitzender des Umweltausschusses des Landtags, kann das Vorgehen das Landratsamts ebenso nicht nachvollziehen: „Ich sehe darin eine Missachtung des Parlaments“, erklärte er.
Auch Claudia Roth, Bundestags-Abgeordnete und Vize-Präsidentin des Bundestags, hat keinerlei Verständnis dafür, dass die Petition übergangen worden sei. Sie zeigte sich heute bei einem Besuch in Pfaffenhofen empört darüber, „dass sich ein Landratsamt traut, sowas zu tun“. Roth spricht von einer „speziellen Art und Weise, die Demokratie auszuhöhlen“, und sieht gar eine „Verhöhnung des demokratischen Prinzips“.
Der amtierende Landrat Anton Westner hat die Kritik inzwischen per Pressemitteilung zurückgewiesen; lesen Sie dazu: Nach Hähnchenmast-Genehmigung: Landratsamt weist Vorwürfe zurück
„Entsetzt“ zeigte sich auch Kerstin Schnapp, die Vorsitzende der Grünen im Kreis Pfaffenhofen, darüber, dass das Landratsamt die laufende Petition ignoriert und den Umweltausschuss des Landtags außen vor gelassen habe. „Schockierend“ sei diese Vorgehensweise, befand sie. Und obendrein auch „völlig unverständlich“, weil man die Kreisbehörde nach den bisherigen Erfahrungen ganz anders eingeschätzt habe.
Ebenfalls ernüchtert von der Entscheidung des Landratsamts zeigte sich die örtliche Bürgerinitiative „ProLife Eschelbach“ in einem Statement. „Wir sind von der heute erteilten Genehmigung enttäuscht, wenn auch nicht wirklich überrascht.“ Denn: Bereits im Oktober vergangenen Jahres habe durch die Genehmigung des vorzeitigen Baubeginns „eine deutliche Weichenstellung“ stattgefunden. Diese könne rein rechtlich nur erteilt werden, wenn mit einer endgültigen Genehmigung gerechnet werden könne.
„Aufgrund dieser Tatsache und den vielen offenen Kritikpunkten haben wir uns im November 2016 schließlich zu der Petition an den bayerischen Landtag entschieden“, erinnert die Bürgerinitiative. „Diese Petition mit über 8000 Unterschriften ist bis heute in Bearbeitung und es gibt noch keinen Behandlungstermin im Ausschuss beziehungsweise keine Entscheidung seitens des Umweltausschusses.“ Als „bedenklich“ bezeichnet „ProLife“, dass Landrat Martin Wolf (CSU) sich im November/Dezember dafür ausgesprochen habe, zunächst die Entscheidung des Umweltausschusses abzuwarten und noch Gespräche mit dem Bund Naturschutz sowie Gegnern der Anlage zu suchen. „Beides fand von Seiten des Landratsamts nicht statt. Ebenfalls blieben einige unserer Kritikpunkte bis heute offiziell unbeantwortet“, kritisiert „ProLife“. Wolf ist seit einem schweren Unfall am 2. April im Krankenstand, seither führt Vize-Landrat Anton Westner (CSU) die Geschäfte.
„Für unseren Ort bedeutet dies eine weitere enorme Zusatzbelastung und für die ganze Region eine bedenkliche Richtungsvorgabe“, kommentiert „ProLife“ die Genehmigung der umstrittenen Hähnchenmast-Erweiterung. „Offensichtlich steht das wirtschaftliche Wachstum einzelner über dem Wohle von Mensch und Tier, auch wenn die Folgen und Gefahren inzwischen weithin bekannt sind.“
„ProLife“ kündigte heute an, in Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Sollte die Erweiterung des Hähnchenmast-Betriebs in Eschelbach tatsächlich genehmigt werden, dann werde der Bund Naturschutz höchstwahrscheinlich Klage einreichen – das hatte Micha Lohr, der Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Wolnzach-Rohrbach, bereits im Januar beim traditionellen Dreikönigs-Treffen der Kreis-SPD im Wolnzacher Hopfenmuseum angekündigt. Es gelte nun die Möglichkeiten zu überprüfen, erklärte „ProLife“ dazu, was ein paar Tage in Anspruch nehmen werde. Von „ProLife“ selbst sei „derzeit keine eigenständige Klage geplant“, ließ die Bürgerinitiative wissen.
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