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Gemeinderat hofft auf Bestätigung seines Zukunfts-Konzepts, die Gegner wollen vor allem eine Verlagerung der Kommunal-Verwaltung verhindern.

(ty) In Reichertshofen können die Bürger jetzt die Weichen für die Gestaltung des Ortskerns stellen: Heute finden zwei Bürgerentscheide statt. Im Fokus stehen dabei die Frage nach dem künftigen Standort der Gemeinde-Verwaltung sowie die Frage nach der Bebauung eines Areals am "Unteren Markt". Der Gemeinderat will das bisherige Rathaus sanieren sowie zu einem Bürger- und Kultur-Zentrum umwandeln; zugleich soll ein neues Verwaltungs-Gebäude am "Unteren Markt" errichtet werden. Eine Bürger-Initiative (BI) um den hiesigen SPD-Chef Wolfgang Freudenberger will diesen Rathaus-Neubau verhindern und vor allem erreichen, dass das bisherige Rathaus auch weiterhin als Rathaus genutzt wird. Bis 18 Uhr können die stimmberechtigten Reichertshofener heute ihre Stimme abgeben.

 

In den vergangenen Monaten war intensiv und kontrovers diskutiert worden. Zuletzt veranstalteten die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen auf der einen Seite sowie die Bürger-Inititiative auf der anderen Seite auch mehrere Informations-Veranstaltungen, um ihre Argumente darzulegen sowie für ihre Position zu werben. Hintergrund ist eine Entscheidung des Gemeinderats: Im Januar dieses Jahres war von dem Gremium einhellig die Errichtung eines neuen Rathauses auf dem "Unteren Markt" beschlossen worden; zugleich soll demnach das alte Rathaus saniert werden. 

Der Gemeinderat, so erklärte Bürgermeister Franken (JWU) in der Folge immer wieder, habe sich in seinem Konzept – nach zahlreichen Workshops mit Bürgerbeteiligung – Anfang des Jahres geschlossen dafür entschieden, das derzeitige Rathaus und das dahinterliegende Haus der Vereine zu sanieren sowie künftig als Bürger- und Kulturschloss mit Erlebnis-Bibliothek und repräsentativen Räumen für Vereine, Behörde und Bürger zu nutzen. Außerdem solle auf dem seit Jahrzehnten brach liegenden Gelände am "Unteren Markt" an der Paar kein Wohn- oder Parkhaus entstehen, sondern ein architektonisch und städtebaulich ansprechendes, offenes Verwaltungs-Gebäude – sprich: Rathaus. Und zwar mit Bistro und Sitzgelegenheiten an dem beschaulichen Fluss.

 

Erster erkennbarer Widerstand gegen dieses Vorhaben regte sich Anfang Mai bei der Veranstaltung einer Bürger-Initiative. Die war zwar damals unter der Wortführerschaft des ehemaligen hiesigen Bürgermeisters und aktuellen Vize-Landrats Anton Westner (CSU) unter der Überschrift "Bürger pro Paarhalle" zusammengekommen und hatte eben die Zukunft des maroden Komplexes im Fokus. Doch am Ende war bei dieser Veranstaltung auch gleich noch die Unterschriften-Liste für ein Bürgerbegehren wider den Rathaus-Neubau aus der Tasche gezogen worden. 

Statt ein neues Verwaltungs-Gebäude hinzustellen, so die Stoßrichtung der Neubau-Gegner, solle das bestehende Rathaus in der Schlossgasse saniert werden, gegebenenfalls sollen im westlichen Bereich des Areals zudem weitere Räume für die Gemeinde-Verwaltung entstehen. Begründet wurde diese Variante seither immer wieder unter anderem damit, dass das vorgesehene Grundstück am "Unteren Markt" für den Neubau viel zu klein sei und dass in dem anvisierten Neubau kein Sitzungssaal untergebracht werden könne. Überdies, so die Neubau-Gegner, gebe es am "Unteren Markt" auch zu wenig Parkplätze. Ferner spielten finanzielle Überlegungen eine Rolle – allerdings auf beiden Seiten.

 

So oder so – das Areal am "Unteren Markt" dürfte für die Zukunft der Gemeinde eine bedeutende Rolle spielen. 

Während dann im Sommer bereits Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den anvisierten Rathaus-Neubau gesammelt wurden, brachte Bürgermeister Franken ein Ratsbegehren ins Spiel. Mit einem Ratsbegehren können Entscheidungen, für die die Kommune selbst zuständig ist, direkt an die wahlberechtigten Bürger einer Gemeinde abgegeben werden. Was zwar nicht allzu häufig passiert, aber in strittigen Fällen durchaus vorkommt. Im Grunde ist ein Ratsbegehren vergleichbar mit einem Bürgerbegehren – nur dass der daraus resultierende Bürgerentscheid eben von den Gemeinderäten angestoßen wird. 

Franken erklärte damals: "Bevor uns eine weitere monate-, wenn nicht jahrelange ergebnislose Diskussion weiter blockiert, wollen wir in den nächsten Wochen mit einer großen Informations-Kampagne die Bürgerschaft aufklären und von der Richtigkeit und Wichtigkeit der Projekte überzeugen, damit die Vorhaben nicht nur durch die gewählten Gemeinderäte, sondern auch direkt von den Bürgern legitimiert werden." Am 31. Juli sagte der Gemeinderat dann einhellig Ja zu dem Ratsbegehren – weshalb nun heute in Reichertshofen zwei Bürgerentscheide stattfinden. Hier die Zusammenfassung:

 

  • Dem einen Bürgerentscheid liegt das Ratsbegehren zugrunde, der Titel lautet: "Schaffung eines Bürger- und Kultur-Zentrums durch Verlagerung der Gemeinde-Verwaltung." Die Frage, die es mit Ja oder Nein zu beantworten gilt, lautet: "Sind Sie dafür, dass der Markt Reichertshofen das Konzept umsetzt, das Areal 'Altes und Neues Schloss' (Rathaus-Gebäude mit Nebengebäude) zu sanieren und künftig als Bürger- und Kultur-Zentrum zu nutzen und zu diesem Zweck die dort befindliche Gemeinde-Verwaltung in ein neu zu errichtendes Verwaltungs-Gebäude auf dem Grundstück am 'Unteren Markt' (Marktstraße 30) verlegt?" 

 

  • Dem anderen Bürgerentscheid liegt das Bürgerbegehren zugrunde, dessen zentrale Forderung lautet: "Beibehaltung und Sanierung des bestehenden Rathauses Reichertshofen in der Schlossgasse." Mit Ja oder Nein zu beantworten ist in diesem Zusammenhang die Frage: "Sind Sie dafür, dass der Gemeinderats-Beschluss vom 16. Januar 2018, ein neues Rathaus auf dem 'Unteren Markt' zu bauen, aufgehoben wird, alle Planungen und Ausschreibungen für den Bau eines neuen Rathauses sofort gestoppt werden und das bestehende historische Rathaus in der Schlossgasse saniert und weiter als Rathaus genutzt wird?"

 

Bekanntlich vertrat zuletzt auch die Bürger-Initiative – die zunächst Hochwasser-Bedenken hatte – die Meinung, dass am "Unteren Markt" gebaut werden soll – nur halt kein neues Rathaus. Einem, wie berichtet, kürzlich proklamierten Vorschlag der BI zufolge könnten hier eine Bücherei, ein Café und ein Bürgersaal errichtet werden. Allerdings ist dieser Bebauungs-Vorstoß der BI nicht Bestandteil des heutigen Bürgerentscheids, den Freudenberger & Co. erwirkt hatten: Denn in diesem Bürgerentscheid geht es lediglich darum, den anvisierten Rathaus-Neubau zu kippen. Ungeachtet dessen unterscheidet sich die Bebauungs-Idee der Bürger-Initiative vom Beschluss des Gemeinderats: Beide sehen zwar ein Café vor. Die BI sähe jedoch gerne die Bücherei und einen Saal am "Unteren Markt", während der Gemeinderat die Bücherei nebst Bürger- und Sitzungssaal, Vereinsräumen und Trauzimmer auf dem Schloss-Areal verortet wissen will.

Nun liegt es jedenfalls in der Hand der Reichertshofener. Voraussetzung für ein formal gültiges Ergebnis ist allerdings eine nicht zu geringe "Wahlbeteiligung". Denn wie in der bayerischen Gemeindeordnung festgelegt ist, ist in kleinen Kommunen über einen Bürgerentscheid nur dann entschieden, wenn die Mehrheit der Stimmen – egal, ob dafür oder dagegen – mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. Ein gültiger Bürgerentscheid hat den Stellenwert eines Gemeinderats-Beschlusses und ist praktisch für ein Jahr bindend. Denn, so heißt es in der Gemeindeordnung: "Der Bürgerentscheid kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden, es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat." 

So sieht der Stimmzettel für die heutigen Bürgerentscheide aus (Quelle: Gemeinde-Verwaltung)

Inzwischen liegt das Ergebnis vor: Bürger haben entschieden: Kein Rathaus-Neubau in Reichertshofen!

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