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Nach dem Brandanschlag auf die künftige Asylbewerber-Unterkunft  sollen auch 200 Party-Gäste befragt werden – Tatort inzwischen wieder freigegeben – Auswertung der Spuren läuft – Flüchtlinge sollen im Oktober einziehen

(zel) Nach dem Brandanschlag auf die künftige Asylbewerber-Unterkunft im Reichertshofener Ortsteil Winden am Aign wird die von der Polizei eingerichtete Sonderkommission zeitweise von 25 auf 50 Beamte aufgestockt. Das erklärte Pressesprecher Hans-Peter Kammerer vom Polizeipräsidium Oberbayern-Nord gegenüber unserer Zeitung. Hintergrund dieser Personal-Verdopplung ist vor allem, dass nun auch etwa 200 junge Leute befragt werden sollen, die in der Tatnacht am Reichertshofener Heideweiher bei einer Schulabschluss-Party waren. Sie gelten als wichtige potenzielle Informationsquelle, um die Geschehnisse in der Nacht auf den 16. Juli möglichst detailliert zu rekonstruieren.

Außerdem soll laut Kammerer die derzeit laufende Befragung der Anwohner rund um das ehemalige Pensions-Gasthaus Däuber, dessen Nebengebäude komplett ausbrannte, deutlich ausgeweitet werden. Die Befragungen der Party-Besucher und der Windener Bewohner seien sehr personal- und zeitaufwändig, so Kammerer. Deshalb erhalte das 25-köpfige Kernteam der Soko speziell dafür in den kommenden Tagen Unterstützung von Kollegen aus umliegenden Dienststellen.

 

Der Tatort ist inzwischen von der Polizei wieder freigegeben worden, berichtet Kammerer. Die Spurensicherung vor Ort sei abgeschlossen, die akribische Auswertung laufe. Bekanntlich hatten die Ermittler Erkenntnisse gewonnen, die darauf schließen lassen, dass der oder die Täter bei dem Anschlag einen Brandbeschleuniger verwendet haben. Ein speziell ausgebildeter Spürhund hatte diesbezüglich angeschlagen und auch ein Schnelltest fiel entsprechend aus. Wie berichtet, läuft im Labor bereits die Untersuchung des gesicherten Materials. Unter anderem gilt es herauszufinden, um welche Art von Brandbeschleuniger es sich handelt. Bis das gesamte Gutachten zu dem Brandanschlag vorliegt, werden nach Worten von Kammerer einige Wochen vergehen. 

Bei den Ermittlern gehen indes „sporadisch“ telefonische Hinweise aus der Bevölkerung ein, berichtet Kammerer. Die meisten Hinweise, die man bisher gewonnen habe, hätten sich aber aus den Befragungen ergeben. Parallel dazu laufen kriminalpolizeiliche Ermittlungen vom Schreibtisch aus. Weil die Polizei bekanntlich einen fremdenfeindlichen Hintergrund der Tat nicht ausschließt, werde außerdem „im rechten Spektrum“ ermittelt. Die Soko steht in Kontakt zum Staatsschutz, zum Verfassungsschutz, zum Landeskriminalamt und auch zu anderen Polizeipräsidien.

 

In dem ehemaligen Pensions-Gasthaus Däuber sollten ab September 67 Asylbewerber untergebracht werden. Der Landkreis Pfaffenhofen hat mit dem Eigentümer des Gebäude-Komplexes bereits einen auf mindestens sieben Jahre laufenden Mietvertrag unterzeichnet; mit Option auf drei weitere Jahre. Im Vorfeld hatte sich in dem 830-Seelen-Ort Winden Unmut gegen die geplante Unterbringung der Flüchtlinge breit gemacht – Sorge bis Angst bereitete den Bürgern dabei vor allem die hohe Zahl der Personen, die hier einquartiert werden sollen. Zunächst war, wie berichtet, von über 130 Asylbewerbern die Rede – doch dafür gab es keine Genehmigung. Daraufhin wurde die Zahl auf 67 reduziert. Betrieben wird die Unterkunft angesichts dieser reduzierten Zahl nun nicht, wie zunächst angedacht, von der Regierung von Oberbayern, sondern vom Landkreis selbst.

Die Kreisbehörde wolle sowohl an dem früheren Landgasthof als Flüchtlings-Unterkunft sowie an dem geplanten Belegungstermin – 1. September – festhalten, betonte Landrat Martin Wolf (CSU) bei einer Pressekonferenz am Vormittag nach dem Anschlag. Man wolle damit auch das Signal an die Täter senden, dass sie nichts erreicht hätten und dass man sich von dem Vorhaben nicht abbringen lasse. Der Zeitplan sei „unverrückbar“, betonte Wolf – er könne sich allenfalls verzögern, falls die Beseitigung der Brandspuren länger dauere. Gestern wurde nun im Kreistag erklärt, dass die Belegung des ehemaligen Gasthauses für Anfang Oktober geplant sei, „da noch umfangreiche Aufrüstungen durch den Vermieter erforderlich sind“.

Das Gebäude des ehemaligen Landgasthofs selbst ist von dem Brandanschlag nur minimal betroffen und in seiner Substanz nicht beschädigt, wie erklärt wurde. Das flache Nebengebäude, in dem einst eine Disco untergebracht war und das zuletzt als Lagerraum diente, ist vollständig ausgebrannt. Der Schaden wird auf rund 150 000 Euro beziffert. Eine Unterbringung von Flüchtlingen war in diesem Anbau aber nicht geplant. 

Die Feuerwehr war in der besagtem Nacht um 2.44 Uhr von der Integrierten Leitstelle alarmiert worden, nachdem ein Nachbar den Brand gemeldet hatte. Wie der hiesige Kommandant Georg Pfab berichtete, waren die ersten Floriansjünger bereits wenige Minuten später vor Ort. Im Eingangsbereich des Nebengebäudes habe man einen „offenen Brand“ vorgefunden. Insgesamt 55 Feuerwehrleute aus Winden, Reichertshofen, Langenbruck und Hög waren im Einsatz. Um etwa 3.30 Uhr war der Brand unter Kontrolle, gegen 4 Uhr gelöscht. Verletzt wurde niemand; der gesamte Gebäudekomplex stand zu diesem Zeitpunkt leer.

Bild vom Feuerwehr-Einsatz (Foto: Feuerwehr Reichertshofen)

Schon bei den ersten Ermittlungen der sofort verständigten Brandfahnder der Kripo Ingolstadt ergaben sich Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Brandlegung. Schnell zeigte sich, dass an zwei Stellen an dem Gebäude-Komplex Feuer gelegt wurde – an der Haupteingangstür der früheren Disco sowie am Hintereingang des Gasthofs. Am und im Hauptgebäude entstand lediglich geringer Schaden durch Rauch und Ruß; ein Feuer hatten die Einsatzkräfte hier nicht entdeckt. Ganz anders die Situation in der früheren Disco: Die Eingangstür sei beim Eintreffen der Feuerwehr schon weggebrannt gewesen, der Dachstuhl habe in Flammen gestanden. Das Nebengebäude brannte schließlich völlig aus; den Feuerwehrleuten gelang es aber, ein Übergreifen der Flammen auf das Hauptgebäude sowie auf Nachbarhäuser zu verhindern. 

Bei der Aufklärung der Straftat bittet die Polizei die Bevölkerung auch weiterhin um Mithilfe. Es wird gebeten, Wahrnehmungen, die im Zusammenhang mit der Brandlegung stehen könnten, der Kriminalpolizei Ingolstadt unter der Telefonnummer (08 41) 93 43 -0 oder jeder anderen Polizeidienststelle zu melden. Insbesondere Angaben über Fahrzeuge und Personen, die zur Tatzeit im Bereich des Brandorts gesehen wurden, wären für die Ermittler von besonderer Bedeutung.

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