Landratsamt ordnet Sofort-Vollzug der Genehmigung zur Erweiterung auf 124 600 Tiere an. Die neuen Ställen stehen bereits, durften aber bislang nicht in Betrieb gehen.
(ty/zel) Nachdem das Pfaffenhofener Landratsamt – wie berichtet – der Familie Höckmeier kurz vor dem Jahreswechsel die neuerliche Genehmigung für eine Vergrößerung der bestehenden Geflügelmast im Wolnzacher Ortsteil Eschelbach – diesmal auf 124 600 Tiere – erteilt hatte, gibt es nun weitere Neuigkeiten in dieser Sache. Laut heutiger Mitteilung ist diese Woche auf Antrag der Betreiber "die sofortige Vollziehung der immissions-schutz-rechtlichen Genehmigung vom 30.12.2020 zur Erweiterung der Hähnchenmast-Anlage angeordnet" worden. "Dadurch dürfen die Betreiber schon während des Klage-Verfahrens von der Genehmigung Gebrauch machen", so das Landratsamt. Die umstrittene Anlage, die ja bereits gebaut ist, aber nach gerichtlichen Entscheidungen bislang nicht betrieben werden durfte, kann nun auf eigenes Risiko der Familie in Betrieb gehen. Der Bund Naturschutz (BN) erklärte indes gegenüber unserer Zeitung, auch gegen diese Genehmigung zu klagen.
Zur Historie erläuterte die Kreis-Behörde: Die bestehende Masthähnchen-Anlage (MHS_2 und MHS_3 mit 40 000 Tierplätzen) der Antragsteller wurde mit Bescheiden des Landratsamts vom 13.10.1986 und 19.01.1999 baurechtlich genehmigt und durch eine schriftliche Anzeige nach § 67 Absatz 2 BlmSchG vom 01.12.2001 als immissions-schutz-rechtlich genehmigungs-bedürftige Anlage mit 40 000 Mastgeflügel-Plätzen überführt. Mit Bescheid des Landratsamts Pfaffenhofen vom 10.07.2017 war die Erweiterung der Hähnchenmast-Anlage um die beiden neuen Masthähnchen-Ställe (MHS_4 und MHS_5) auf insgesamt 144 600 Tierplätze immissions-schutz-rechtlich genehmigt worden. Auch damals war der so genannte Sofortvollzug festgelegt worden. Deshalb durfte der Bauherr, wenngleich auf eigenes Risiko, direkt loslegen – und die neuen Ställe wurden daraufhin auch tatsächlich errichtet.
Die vom Pfaffenhofener Landratsamt erteilte Genehmigung wurde jedoch vom "Bund Naturschutz" (BN) beklagt. Und zwar aus Sicht des BN erfolgreich. Die beiden nagelneuen Ställe durften aufgrund der Eil-Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. August 2018 und des Urteils des bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 22. März 2019 nicht in Betrieb genommen werden. Die Genehmigung war wegen fehlender Privilegierung – aufgrund einer zu geringen Futter-Grundlage für den beantragten Tierbestand – wieder aufgehoben worden. Die Betreiber und der Freistaat Bayern hatten gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. "Das Berufungs-Verfahren ruht jedoch derzeit, da sich die Betreiber dazu entschlossen haben, einen neuen Antrag auf immissions-schutz-rechtliche Genehmigung mit reduzierter Platzzahl zu stellen", erklärte heute ein Landratsamt-Sprecher.
Nachdem also die beiden Ställe auf Grundlage des damaligen Genehmigungs-Bescheids bereits errichtet worden waren, aber auf richterliches Geheiß hin nicht in Betrieb gehen durften, beantragten die Betreiber im Mai vergangenen Jahres erneut die Erweiterung ihres Geflügelmast-Betriebs. Diesmal aber nicht auf insgesamt 144 600 Plätze, sondern lediglich auf insgesamt 124 600 Plätze. "Dabei war auch für die älteren Ställe MHS_2 und MHS_3 die Nachrüstung einer Abluft-Reinigungs-Anlage vorgesehen", so das Landratsamt. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 erhielten die Betreiber, wie berichtet, dann die dem neuerlichen Antrag entsprechende Genehmigung nach dem Bundes-Immissions-Schutz-Gesetz. Und mit dem in dieser Woche vom Landratsamt angeordneten Sofortvollzug "dürfen die Betreiber schon während des Klage-Verfahrens von der Genehmigung Gebrauch machen".
Der Bund Naturschutz, der den Betrieb der erweiterten Hähnchenmast-Anlage bereits einmal verhindert hat, zieht nach eigenem Bekunden gegen die neuerliche Genehmigung ebenfalls zu Felde. Man habe mittlerweile fristgerecht auch gegen diese Genehmigung für eine Erweiterung auf 124 600 Plätze eine Klage eingereicht, erklärte BN-Sprecherin Marion Ruppaner heute gegenüber unserer Redaktion. Der BN habe nun noch einige Wochen Zeit, um die Klage zu begründen. Aus Sicht des BN sei die Privilegierung nach wie vor nicht gegeben, fasst Ruppaner den zentralen Punkt der BN-Argumentation zusammen. Auf ein Eil-Verfahren werde man diesmal aber vermutlich verzichten, sagt sie – denn die Anlage sei ja schon gebaut und die Fläche damit versiegelt.
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