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Die Ergebnisse der beiden heutigen Bürgerentscheide sind eine klare Ansage. Bleibt die Frage nach den nächsten Schritten. Erste Redaktionen liegen bereits vor.

Von Alfred Raths

Mit deutlicher Mehrheit abgelehnt haben die Reichertshofener heute bei zwei Bürgerentscheiden den Neubau eines Rathauses am "Unteren Markt". Sie sprachen sich damit auch gegen das von allen Gemeinderats-Fraktionen getragene Zukunfts-Konzept aus. Als Gewinner gehen der örtliche SPD-Chef Wolfgang Freudenberger sowie Karl Schweiger und Georg Hempel hervor, die Frontmänner der Bürger-Initiative "Pro historisches Rathaus und Paarhalle" (BI). Vorderstes Ziel der BI war es, die vom Gemeinderat bereits beschlossene Neuerrichtung eines Gebäudes für die Kommunal-Verwaltung zu verhindern. Bemerkenswert: Freudenberger stellte sich somit auch gegen seine eigenen Parteifreunde im Rats-Gremium. Er sprach nun von einem "überwältigenden" Erfolg. Und wie geht es jetzt weiter? Wir haben auf beiden Seiten nachgefragt.

 

Jeweils mit Ja oder Nein beantworten konnten die Bürger heute folgende beiden Bürgerentscheid-Fragen. Erstens: "Sind Sie dafür, dass der Markt Reichertshofen das Konzept umsetzt, das Areal 'Altes und Neues Schloss' (Rathaus-Gebäude mit Nebengebäude) zu sanieren und künftig als Bürger- und Kultur-Zentrum zu nutzen und zu diesem Zweck die dort befindliche Gemeinde-Verwaltung in ein neu zu errichtendes Verwaltungs-Gebäude auf dem Grundstück am 'Unteren Markt' (Marktstraße 30) verlegt?" Zweitens: "Sind Sie dafür, dass der Gemeinderats-Beschluss vom 16. Januar 2018, ein neues Rathaus auf dem 'Unteren Markt' zu bauen, aufgehoben wird, alle Planungen und Ausschreibungen für den Bau eines neuen Rathauses sofort gestoppt werden und das bestehende historische Rathaus in der Schlossgasse saniert und weiter als Rathaus genutzt wird?"

Die vorläufigen Abstimmungs-Ergebnisse der beiden Bürgerentscheide, die Gemeinde-Oberhaupt Michael Franken (JWU) heute Abend offiziell bekanntgab, sind ziemlich deutlich. Für das von der BI initiierte Bürgerbegehren unter dem Motto "Beibehaltung und Sanierung des bestehenden Rathauses in der Schlossgasse" stimmten demnach 1709 Reichertshofener, 800 votierten dagegen. Im Rahmen des von Franken und dem Gemeinderat herbeigeführten Bürgerentscheids unter dem Motto "Schaffung eines Bürger- und Kultur-Zentrums durch Verlagerung der Gemeinde-Verwaltung" gab es lediglich 930 Ja-Stimmen für dieses so genannte Zukunfts-Konzept, aber 1523 Nein-Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 41,7 Prozent.

Nun soll also, dem mehrheitlichen Bürgerwillen entsprechend, kein neues Rathaus gebaut werden. Die Gemeinde-Verwaltung soll damit auch weiterhin im ehemaligen Schloss untergebracht sein, das Gebäude soll saniert werden. Das Ergebnis eines gültigen Bürgerentscheids hat den Stellenwert eines Gemeinderats-Beschlusses und ist praktisch für ein Jahr bindend. Denn, so heißt es in der Gemeindeordnung des Freistaats Bayern: "Der Bürgerentscheid kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden, es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat." 

"Mein Dank gilt zunächst allen Bürgern, die abgestimmt haben", sagte Bürgermeister Franken bei der Bekanntgabe der Ergebnisse am heutigen Abend. Er verwies auf die Wahlbeteiligung von mehr als 40 Prozent: Man könne sagen, dass eine gewisse Breite der Bevölkerung abgestimmt habe. Franken gratulierte der Bürger-Initiative und sprach von einer demokratischen Entscheidung. Er äumte aber zugleich ein, dass er sich persönlich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. "Wir dachten, die Sach-Argumente sind klar auf unserer Seite", sagte er. Offenbar seien es aber eher emotionale Argumente gewesen, die letztendlich die Entscheidung gebracht hätten. 

Diese Studie zeigte einen möglichen Rathaus-Neubau am "Unteren Markt". Die Mehrheit wollte aber kein neues Rathaus.

Wie geht es nun weiter? "Wir haben ja die Bedarfs-Ermittlung für das Rathaus schon unternommen", sagte Franken. "Ich denke, der nächste Schritt, den jetzt der Gemeinderat beschließen wird, wird einfach sein, eine Machbarkeits-Studie zu erstellen." Dabei solle – so der Bürgermeister sinngemäß – ermittelt werden, wie dem Raumbedarf der Gemeinde-Verwaltung am bisherigen Standort Rechnung getragen werden könne. 

Eventuell könnten nach dem heutigen Bürgervotum auch noch Kosten auf die Kommune zukommen: Es gibt laut Franken einen Auftrag an ein Büro, das die Gemeinde bei dem Architekten-Wettbewerb zu dem ja eigentlich bereits beschlossenen Rathaus-Neubau unterstützen sollte. "Diesen Vertrag werden wir kündigen müssen", so Franken. Wie hier eine Einigung aussehen könnte, vermochte er heute noch nicht sagen. Man werde aber versuchen, sich möglichst schadlos zu halten.

"Die Stimmung ist natürlich super", freute sich indes Wolfgang Freudenberger für die BI. "Sieger ist auf alle Fälle die Demokratie heute gewesen." Er zeigte sich überwältigt von der Deutlichkeit des Ergebnisses. "Wir haben mit allem Möglichen gerechnet und wir waren uns alle einig: Es wird eng werden." Er verweist auch darauf, dass das Ergebnis der Bürgerentscheide nun eben ein Jahr gelte – also praktisch auch noch das ganze nächste Jahr. Und er könne sich auch nicht vorstellen, dass im Jahr 2020 – mitten im Kommunal-Wahlkampf – "ein Bürgermeister, geschweige denn ein Gemeinderat, den Hintern in der Hose hat, um das wieder umzustoßen". Außerdem bleibe abzuwarten, wer dann Bürgermeister sei und wer im Gemeinderat sitze. 

Nun will die BI aber erst einmal die Umsetzung der heutigen Bürgerentscheid-Ergebnisse sehen. "Jetzt kommt mal schnellstens in die Pötte", lautet Freudenbergers Appell an Bürgermeister und Gemeinderäte. Seine Bürger-Initiative habe fertige Pläne, die nur noch mit einem Planungsbüro abzustimmen seien. Zur Mitarbeit sei man gerne bereit, versicherte Freudenberger: "Es muss vorwärts gehen in Reichertshofen." Mit dem "Geeiere" müsse jetzt Schluss sein, es dürfe "kein Gezögere" mehr geben.

Die ersten Schritte seien nun die Sanierung des Rathauses und ein Anbau, so Freudenberger. "Wie das aussieht, muss die Planung zeigen." Dann solle die Sanierung der Gebäude hinter dem Schloss folgen. Öffentliche Gelder dafür gebe es, versicherte Freudenberger. "Wir bekommen nur kein Geld für diesen Anbau", sagte er. Für alles andere gebe es Zuschüsse in Höhe von bis zu 60 Prozent – das sei verankert in den Gesetzen. Die Zuschüsse zu bekommen, das sei reine Verhandlungssache. Der Bürgermeister müsse jetzt "umschwenken", forderte Freudenberger, "dann ist er auf dem richtigen Weg".

Hinsichtlich eventueller Fördergelder in Millionen-Höhe meinte BI-Mann Karl Schweiger: "Das Rathaus am 'Unteren Markt' wäre überhaupt nicht gefördert worden, also mit keinem Cent. Gefördert worden wäre vom Städtebau hier die Rathaus-Sanierung beziehungsweise der Umbau des alten Schlosses; aber auch hier muss ja nicht das ganze Rathaus umgebaut werden." Zuschüsse gebe es ferner vom Denkmalschutz sowie für einen behinderten-gerechten Ausbau. Auch Schweiger sieht Franken und die Räte in der Pflicht: "Es kommt immer darauf an, wie weit sich eine Gemeinde einsetzt, um Zuschüsse zu bekommen."

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