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Die Bürger-Initiative um Wolfgang Freudenberger rüttelt mit einem offenen Brief auf und kritisiert Rathauschef Franken. Der versteht die Aufregung nicht.

Von Alfred Raths

Die Reichertshofener Bürger-Initiative "Pro historisches Rathaus und Paarhalle" (BI) um den hiesigen SPD-Chef Wolfgang Freudenberger moniert in einem offenen Brief an Bürgermeister Michael Franken (JWU) fehlende Transparenz und mangelhafte Kommunikation in Sachen Paarhalle. Außerdem geht es der BI zu langsam. Das Gebäude sei seit Jahren "dem Verfall überlassen", in einem "erbärmlichen" Zustand und inzwischen gesperrt. "Soll unser Reichertshofen noch mehr zu einem Schlafdorf werden?", fragt sich die BI. Rathauschef Franken versteht die neuerliche Aufregung nicht – freut sich aber, dass Freudenberger & Co. anscheinend jetzt doch offen für einen Neubau sind.

Die Paarhalle ist marode, das ist hinlänglich bekannt. Seit 1. August 2018 ist sie für jegliche Art der Nutzung gesperrt. Das hatte der Gemeinderat beschlossen, nachdem das Landratsamt erhebliche Sicherheits-Bedenken angemeldet hatte. Damals sprach ein Experte gar von einem "Schwarzbau". Franken hatte damals erklärt: "Das Problem ist: Wegen Versäumnissen der Vergangenheit gibt es keine passende Baugenehmigung. Die Nutzung von 1979 bis 2011 mit teilweise bis 800 Personen war nie zulässig." Zum Glück sei nie etwas passiert. Inzwischen ist offiziell Schluss mit dieser fragwürdigen Praxis. Lesen Sie dazu auch: Maroder "Schwarzbau": Paarhalle in Reichertshofen ab sofort gesperrt und  "Nicht alle Anforderungen aus der Baugenehmigung sind umgesetzt"

Der Gemeinderat beschloss damals auch eine wohl millionenschwere Sanierung. Das war wohl auch im Sinne zahlreicher Bürger. Für die rasche Instandsetzung sowie für die Ertüchtigung zur Mehrzweckhalle mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1200 Leuten – samt Abriss und Neubau der südlichen und nördlichen Anbauten – waren von der Bürger-Initiative (BI) im vergangenen Jahr bereits knapp 1600 Unterschriften gesammelt worden. Hintergrund war ein mögliches Bürgerbegehren, das aber bislang offiziell von der BI noch nicht in die Wege geleitet wurde.

In dem heute herausgegebenen offenen Brief an Rathauschef Franken beklagt Freudenberger zusammen mit Karl Schweiger und dem früheren Reichertshofener CSU-Chef Ernst-Peter Klinker, dass seit dem Jahr 2015 die Paarhalle "dem Verfall überlassen" werde  und "keinerlei Sanierungs-Maßnahmen" durchgeführt worden seien. Die Halle, vor allem aber die Nebengebäude, befänden sich in einem "erbärmlichen" Zustand. "Selbst vom Landratsamt empfohlene Sanierungs-Maßnahmen zum Brandschutz wurden nicht durchgeführt." Seit Juli vergangenen Jahres sei die Paarhalle daher gesperrt.

Dem Gemeinde-Oberhaupt wirft die BI außerdem vor, dass er behaupten würde: Aufgrund der Unterschriften-Aktion der Bürger-Initiative zur Sanierung der Paarhalle seien vom Gemeinderat eigene Überlegungen für einen Neubau abgebrochen worden. Dazu Freudenberger & Co. an die Adresse von Franken: "Ihre Überlegungen zu einem Neubau der Paarhalle waren so still, dass die Bürgerinnen und Bürger des Marktes Reichertshofen diese nie erfuhren."

Kritisiert von der BI wird außerdem ein aktuelles Schreiben der Kommune an die örtlichen Vereine, Verbände und Organisationen, in dem Art und Umfang der künftigen Nutzung der Paarhalle in Erfahrung gebracht werden sollen. "Das Formblatt ist eine lapidare Tabelle", schimpft die BI. Außerdem sei der Gemeinderat über diese Maßnahme nicht informiert worden. Abgesehen davon machen Freudenberger, Schweiger und Klinker keinen Hehl daraus, dass sie mit der Art und Weise nicht einverstanden sind. 

"Herr Bürgermeister, warum setzen Sie sich nicht persönlich mit den Vereinen und Verbänden an einen Tisch, um eine vernünftige Lösung der Paarhallen-Nutzung zu finden?", fragen sie. "Ist dies bürgernah?" Und vor allem: "Lässt es sich mit Ihrem momentan in den sozialen Netzwerken propagierten Slogan 'Gemeinsam Zukunft gestalten' vereinbaren?"

Aus Sicherheitsgründen ist die marode Paarhalle schon seit knapp einem Jahr gesperrt. (Archivfoto: Raths)

Für die BI-Vertreter ist klar: "Eine Paarhallen-Sanierung und, wenn nötig, ein Neubau könnten wieder externe Veranstalter anziehen, die es früher zuhauf gab." Mittlerweile würden diese Veranstaltungen in nahe gelegenen Kommunen abgehalten." Die Bürger-Initiative sorgt sich und fragt abschließend in Richtung Franken: "Soll unser Reichertshofen noch mehr zu einem Schlafdorf werden?"

Auf Anfrage unserer Zeitung hat Franken heute zu den Vorwürfen Stellung genommen: "Der Markgemeinderat hat sehr wohl Sanierungs-Maßnahmen, etwa am Dach der Halle, durchführen lassen, jedoch nicht am Anbau, von dem ohnehin seit Längerem bekannt ist, dass er abgerissen werden soll", erklärt er. Bereits im öffentlich vorgestellten Sanierungs-Gutachten im Jahr 2015 sei ein Neubau als mögliche Variante dargestellt worden.

"Im Haushaltsplan 2017 war als Maßnahme im Finanzplan nachrichtlich aufgeführt, dass für eine Sanierung oder einen Neubau drei Millionen Euro vorgesehen sind – das ist also alles bereits jahrelang öffentlich bekannt und auch ansonsten immer wieder zur Sprache gekommen", sagt Franken. "Die Prüfung eines Neubaus war mit ein Grund dafür, keine zu großen Summen bis zur endgültigen Entscheidung in die Paarhalle zu stecken."

Verwundert zeigt sich Franken darüber, dass ein Neubau auf einmal für die BI eine Option darstelle, obgleich dieser noch vor kurzer Zeit von der BI ausdrücklich ausgeschlossen worden sei: "Ich bin überrascht, dass die Bürger-Initiative zwei Mal rund 1600 Unterschriften für den zwingenden Erhalt und die Sanierung der Paarhalle gesammelt hat und nun plötzlich offenbar auch einen Neubau in Betracht zieht." Das Thema Neubau habe den Gemeinderat in der Vergangenheit durchaus bereits umgetrieben.

Doch nachdem der große öffentliche Druck im vergangenen Jahr so groß geworden sei, wonach die Paarhalle unbedingt zu erhalten sei, "waren wir im Gemeinderat der Meinung, dass so viele Emotionen der Bürger an der Paarhalle hängen", sagt Franken, "sodass wir dann doch die Sanierung beschlossen und den Neubau nicht mehr weiter verfolgt haben." Er freue sich natürlich, dass nun auch die BI, trotz anderer Forderungen im vergangenen Jahr, über einen Neubau nachdenke  – "und das noch nicht eingereichte Bürgerbegehren damit offensichtlich hinfällig ist, da ja damit nur eine Sanierung möglich wäre".

Was das monierte Anfrage-Schreibens angeht, erläutert Franken: "Ich habe 63 Vereine des Marktes befragt und sie können uns jetzt ihren Bedarf mitteilen." Aus den Ergebnissen werden seinen Worten zufolge die weiteren Schritte abgeleitet. "Was daran lapidar oder verwerflich sein soll, erschließt sich mir nicht", sagt der Bürgermeister. Gleichzeitig bekräftigt er, "dass der Gemeinderat sehr wohl in der letzten Sitzung im Beisein der Öffentlichkeit informiert wurde" – obwohl es dessen, formal gesehen, gar nicht bedurft hätte.

"Wir diskutieren nun schon seit langer Zeit in unterschiedlichen Formaten das Thema Paarhalle. Jetzt ist es erstmal wichtig, dass wir die unterschiedlichen Vorstellungen auf Papier haben", sagt Franken. "Das schließt ja nicht aus, dass wir uns im nächsten Schritt mit den Vereinen und Interessen-Vertreten, die einen entsprechenden Bedarf geäußert haben, zusammensetzen. Das sehe ich sogar als sehr sinnvoll an."

In erster Linie gehe es darum, dass die Paarhalle den Gemeinde-Bürgern einen Mehrwert biete. In einem zweiten Schritt, so Franken, könne man schauen, wie die Nutzung für Externe aussehen könnte. "Und ob wir in der Halle wirklich Hochzeits-Feiern mit mehreren hundert Besuchern brauchen, muss sicherlich schon diskutiert werden." 

Franken ist sich sicher: "Uns ist es in den letzten Jahren sehr gut gelungen, Reichertshofen zu einer lebendigen, aktiven und lebenswerten Marktgemeinde zu entwickeln. Er zeigt sich jedenfalls überzeugt davon, dass Reichertshofen weit davon entfernt sei, ein "Schlafdorf" zu sein. 

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