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Der hiesige Kreisverband der "Alternative für Deutschland" will keinen Pfaffenhofener Windpark, das ist eine klare Position – Warum die AfD aber ausgerechnet Landrat Martin Wolf (CSU) in diesem Zusammenhang vorwirft, er versuche die bayerische Verfassung zu umgehen, das kann sie nicht schlüssig erklären

Von Tobias Zell 

Der AfD-Kreisverband Freising-Pfaffenhofen spricht sich gegen den Bau von weiteren Windrädern in Pfaffenhofen aus und wirbt deshalb für ein „Nein“ beim Bürgerentscheid am kommenden Sonntag, 23. Oktober, in der Kreisstadt. Die „Alternative für Deutschland“ erläutert in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung ihre Sicht der Dinge und kommt zu dem grundsätzlichen Fazit: „Insgesamt stellt Windkraft in Bayern keinen effektiven Beitrag zur Energiewende dar.“ Das ist das eine.

Ungeachtet dessen ist dem AfD-Kreisverband – das ist das andere – mutmaßlich ein Denkfehler unterlaufen. Denn er macht Landrat Martin Wolf (CSU) praktisch für die Windkraft-Pläne im Landkreis verantwortlich, attestiert einen „bayernweiten Alleingang“ mit Bürgerentscheiden und unterstellt ihm, er versuche, „die bayerische Verfassung zu umgehen“. Johannes Huber, der stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende, zeigte sich auf Anfrage unserer Zeitung zwar bemüht, diese Vorwürfe an die Adresse von Wolf zu erklären – bei objektiver Betrachtung ist das aber nicht wirklich schlüssig gelungen. 

 

Der aktuelle Hintergrund der AfD-Einlassung ist hinlänglich bekannt: Im Förnbacher Forst, auf Pfaffenhofener Stadtgebiet, möchte die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) drei Windräder errichten und betreiben. Ob der Windpark aber tatsächlich realisiert werden darf, das liegt nun alleine in der Hand der Kreisstädter. Denn bei dem vom Stadtrat initiierten Bürgerentscheid (Ratsgebehren) mit dem Titel „Saubere Energie aus Windkraft“ stimmen am Sonntag knapp 20 000 Wahlberechtigte darüber ab, ob der Windpark kommen soll. Nur, wenn die Mehrheit der abgegebenen Stimmen für das Projekt ausfällt, wird der vom Stadtrat bereits in die Wege geleitete Bebauungsplan („Sondergebiet Bürgerwindpark Pfaffenhofen“) tatsächlich in Kraft gesetzt – andernfalls landet er im Papierkorb.

Die vom Stadtrat mehrheitlich beschlossene Frage, über die es bei dem Bürgerentscheid zu befinden gilt, lautet: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Pfaffenhofen den Bebauungsplan ‚Sondergebiet Bürgerwindpark Pfaffenhofen‘ weiterführt, der die Errichtung von maximal drei Windenergie-Anlagen im Förnbacher Forst ermöglicht, und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der städtischen Klimaschutzziele und zur Sicherung der ökologischen Stromerzeugung vor Ort leisten kann?“

  

Der AfD-Kreisverband Freising-Pfaffenhofen spricht sich mit Blick auf den Bürgerentscheid „für ein Nein aus zum Bau von weiteren Windkrafträdern“, wie er heute mitteilte. „Die AfD begrüßt Bürgerentscheide gemäß des Grundsatzprogramms als Mittel der direkten Demokratie“, stellt AfD-Vize-Kreischef Johannes Huber klar. Die Fragestellung des Bürgerentscheids „beinhaltet aber Argumente für die Pro-Seite, womit die Entscheidung der Bürger auf einseitige und suggestive Weise beeinflusst werden soll“, wird kritisiert. Damit reiht sich die AfD in die Riege derer ein, die den Wortlaut monieren. Auch im Stadtrat schieden sich bekanntlich an der Formulierung der Fragestellung die Geister (Gift und Galle im Pfaffenhofener Stadtrat), doch die Mehrheit votierte letztlich für den von der Verwaltung gemachten Vorschlag – dagegen waren sämtliche CSU-Räte sowie Reinhard Haiplik (ÖDP) und Franz Niedermayr (FDP).

Dicke Vorwürfe, dünne Erklärung

Ungeachtet der Kritik am Wortlaut der Fragestellung erklärt die AfD einerseits: „Wir vertrauen allerdings auf die Pfaffenhofener, die als mündige Bürger selbst entscheiden können.“ Andererseits findet sie: „Die Bürgerentscheide in Sachen Windkraft sind im Landkreis Pfaffenhofen zudem ein bayernweiter Alleingang.“ Denn, so die Erklärung: „Leider wird die Befragung der Bürger dazu verwendet, die vom bayerischen Verfassungsgerichtshof bestätigte 10H-Regelung unterlaufen zu können.“ Persönlich dafür verantwortlich macht die AfD offensichtlich Landrat Martin Wolf. Wörtlich heißt es nämlich: „Dieses Vorgehen des CSU-Landrats Wolf ist damit ein Versuch, die bayerische Verfassung zu umgehen.“

 

Fakt ist allerdings: Die 19 Landkreis-Gemeinden haben gemeinsam eine so genannte Positiv-Planung erarbeitet. Dabei wurden all jene Flächen exakt festgelegt, auf denen Windkraft-Anlagen möglich sein sollen. Dazu wurde ein Zweckverband ins Leben gerufen, in den die Kommunen Vertreter entsandten. Am Ende wurde dann die Positiv-Planung von allen Gemeinden abgesegnet. Überspitzt könnte man sagen, dass Wolf mit dem Entstehen dieser Positiv-Planung – abgesehen davon, dass er sie begrüßt und gegen Kritik verteidigt – praktisch eher wenig zu tun hatte. Allerdings sieht die AfD ihn schon deshalb verantwortlich, weil das alles in seinem Zuständigkeitsbereich – dem Landkreis Pfaffenhofen – spielt, wie Huber auf Anfrage erklärte. Nirgendwo sonst in Bayern gebe es Bürgerentscheide in Sachen Windkraft, so Huber. Man sehe Wolf als „politisch verantwortlich“.

"Gutes Zureden"?

Schlüssig erklären kann Huber das, objektiv betrachtet, indes nicht. Er vertritt zwar im Gespräch mit unserer Zeitung die Auffassung, dass Wolf als Landrat ein „gewisses Auge“ auf den Windrad-Bau im Landkreis habe und ein „Veto“ einlegen könnte, wenn er Windräder nicht haben wollte. Diese These ist allerdings mindestens gewagt und mutmaßlich schlicht falsch. Huber räumt dann auch ein, dass Wolf nicht ein Veto im rechtlichen Sinne einlegen könnte, meint aber, dass der Landrat Windrad-Planungen durch „gutes Zureden“ verhindern könnte. Weil er doch „gute Kontakte“ zur Stadt Pfaffenhofen und zum Beispiel nach Ilmmünster habe. In Ilmmünster gab es bekanntlich ebenfalls Windpark-Pläne, doch bei zwei Bürgerentscheiden – einer vom Gemeinderat initiiert – votierte die Mehrheit gegen das Vorhaben.

 

Zwar wird dem Landrat vom AfD-Kreisvize vorgehalten, dass in Wolfs Zuständigkeitsbereich Bürgerentscheide über Windkraft stattfinden und dass im Kreis Pfaffenhofen ein „Sonderweg“ beschritten werde. Zugleich aber begrüßt die AfD ja Bürgerentscheide als Mittel der direkten Demokratie. Und dass über ein Bürgerbegehren praktisch jeder Bürger einen Bürgerentscheid initiieren kann, wenn er genügend Unterschriften sammelt, das muss dann auch Huber einräumen. Warum beziehungsweise wie versucht aber nun nach Ansicht der AfD der Pfaffenhofener Landrat „die bayerische Verfassung zu umgehen“ – zumal Wolf selbst ja weder ein Windrad genehmigen noch verhindern kann? Darauf kann Huber, auch auf mehrfache Nachfrage, keine schlüssige Antwort liefern.

Geografische Definition 

Er hält Wolf aber vor, dass diesem bis zu 25 weitere Windräder im Landkreis vorschweben ("Wir schaffen die Energiewende nicht ohne Windkraft") und schlussfolgert daraus eine „politische Absicht“ sowie dass im Kreis Pfaffenhofen „Windräder gefördert werden sollen“. Und Wolf sei – so einfach sieht das Huber – eben für das politisch verantwortlich, was in seinem Landkreis passiere. Entgangen ist der AfD dabei möglicherweise, dass es die Gemeinden sind, die einen Bebauungsplan anstoßen müssen, um Windräder – innerhalb der Flächen der Positiv-Planung – möglich zu machen.

 

Was die drei Windräder im Förnbacher Forst angeht, um die es beim Bürgerentscheid am Sonntag in Pfaffenhofen geht – dazu hat der AfD-Kreisverband zumindest eine stringentere Sichtweise: Nein!  Hinsichtlich des geplanten Sondergebiets sei zu beachten, „dass der produzierte Strom nicht direkt der Stadt Pfaffenhofen zugute kommt, sondern in das überregionale Netz eingespeist wird“, heißt es in der aktuellen Pressemitteilung. Gefahren für die Bürger ergeben sich nach Meinung der AfD aus dem geplanten Windpark, „weil ein Nachweis der Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit bis heute nicht erbracht“ sei. „Der angebliche Ökostrom ist vielmehr teuer erkauft mit einer Vereinnahme der Landschaft, der Rodung von Waldgebieten und Gefahren für die Tierwelt.“ Das alles sind bekannte Argumente der Windkraft-Gegner. 

"Kein effektiver Beitrag zur Energiewende"

Und: Windräder im Landkreis Pfaffenhofen besitzen nach Dafürhalten der AfD außerdem „keine ausreichende Wirtschaftlichkeit, weil es lokal kein ausreichendes Windaufkommen gibt“. Die Rendite für Genossenschafts-Anteilseigner sei „zumindest fraglich, während der Windpark vor allem als Prestige-Objekt dient“. Besitzer von Immobilien im Umkreis von Windrädern erfahren nach Einschätzung der AfD „eine klare Wertminderung“. Ebenfalls seien die Kosten für den Rückbau der Windräder „kaum kalkulierbar und die Gefahrstoffe sind schwer zu entsorgen“. Und überhaupt: Insgesamt stelle Windkraft in Bayern „keinen effektiven Beitrag zur Energiewende“ dar. Bessere umweltverträgliche Alternativen stünden bereits parat, proklamiert die AfD. 

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