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Pfaffenhofener Landrat leidet unter Amnesie und konnte bislang nicht verständigt werden: Der Wahlleiter informierte heute über das weitere Vorgehen, doch viele Fragen müssen offenbleiben.

Von Tobias Zell 

Martin Wolf (CSU) ist am 7. Mai mit knapp 75 Prozent der Stimmen als Landrat von Pfaffenhofen wiedergewählt worden. Doch von diesem bemerkenswerten Wahlsieg weiß er mutmaßlich noch gar nichts. Denn der 61-Jährige war am 2. April in einen Verkehrsunfall verwickelt worden, seither liegt er mit schweren Verletzungen in der Klinik und leidet auch unter Gedächtnisstörungen. Ob er angesichts seines Gesundheitszustands überhaupt in der Lage sein wird, die Wahl anzunehmen, ist weiter unklar. Heute informierte das Landratsamt über die weitere Vorgehensweise.

Nach Angaben der Landkreis-Behörde sieht man sich derzeit mit einem „bundesweit einmaligen Fall“ konfrontiert. Heinz Taglieber, Wahlleiter, und Niklas Hafenrichter, Abteilungsleiter Kommunales, erklärten bei einem Pressegespräch, welche Schritte seit der Wahl bislang unternommen worden sind und wie nun weiter verfahren werden soll.

 

Wie berichtet, ist der Gewählte über seinen Wahlsieg zu verständigen und hat dann eine Woche Zeit, die Wahl anzunehmen. In diesem Zusammenhang wurde heute noch einmal deutlich gemacht, wie der Begriff der „Verständigung“ gesehen wird. Konkret wurde bekräftigt, dass die gesetzlich vorgeschriebene „Verständigung des Gewählten vom Ausgang der Wahl“ nach allgemeiner Ansicht voraussetze, dass dieser „passiv verfahrenshandlungsfähig“ ist. Dies bedeute nichts anderes, als dass der Gewählte in der Lage sein müsse, vom Inhalt dieser Verständigung Kenntnis zu nehmen. 

Das war bislang nicht möglich, wie heute bekräftigt wurde. Erst aber, wenn Wolf verständigt ist, beginnt die einwöchige Frist zu laufen. Bislang war Taglieber nach eigenen Angaben erst einmal bei Wolf im Krankenhaus – und zwar am 11. Mai. Ziel des Wahlleiters sei es dabei gewesen, sich ein persönliches Bild von der passiven Verfahrenshandlungsfähigkeit Wolfs zu machen sowie ihn gegebenenfalls gleich über den Ausgang der Wahl zu verständigen. Dies wurde aber – wie berichtet – durch eine akut notwendige medizinische Behandlung verhindert.

 

An diesem Montag sowie auch gestern wieder beabsichtigte Taglieber – in Begleitung des zuständigen juristischen Staatsbeamten und von Vize-Landrat Anton Westner (CSU), der die Verbindung zur Familie Wolf unterhält – sich abermals zu Wolf ins Krankenhaus zu begeben. An diesen beiden Tagen sei jedoch kein Besuch vorgelassen worden, da Martin Wolf auf eine andere Station verlegt worden sei, wie heute erklärt wurde. 

Der Wahlleiter versucht nach eigenen Worten jetzt täglich, den wiedergewählten Landrat zu besuchen. Hierfür sei auch bereits ein neuer Termin avisiert, der jedoch nicht öffentlich genannt wurde. Die Fachklinik, in der sich Wolf befinde, vergebe Besuchstermine tagesaktuell auf Grundlage medizinscher und therapeutischer Anforderungen. Sollte Taglieber einen Termin bekommen, dann soll sich – auch auf Basis der Einschätzung der behandelnden Ärzte – zeigen, ob Wolf über den Ausgang der Wahl verständigt werden kann. Wäre das der Fall, dann würde die einwöchige Frist beginnen.

 

Beim heutigen Medientermin: Landratsamt-Sprecherin Alice Köstler-Hösl (von links), Niklas Hafenrichter (Abteilungsleiter Kommunales), Wahlleiter Heinz Taglieber, Vize-Wahlleiterin Konstanze Erdle (Foto: Zell).

Das bayerische „Gesetz über die Wahl der Gemeinderäte, der Bürgermeister, der Kreistage und der Landräte“, kurz Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz (GLKrWG), gibt vor, dass der Wahlleiter den Gewählten unverzüglich von dessen Wahlsieg verständigt und ihn zugleich auffordert, binnen einer Woche zu erklären, ob er die Wahl annimmt. Wird die Wahl innerhalb dieser Frist nicht wirksam angenommen, gilt sie als abgelehnt und es findet eine komplette Neuwahl statt. 

Unklar ist derzeit, wie es weitergehen würde, wenn Martin Wolf angesichts seines Gesundheitszustands noch über einen längeren Zeitraum hinweg nicht über seinen Wahlsieg verständigt werden könnte. Laut Hafenrichter gibt es aber keine absolute Ausschlussfrist. Außerdem gibt man sich durchaus zuversichtlich: Die Signale, die man – wenngleich nur vom „Hörensagen“, wie Taglieber einräumte – über den Zustand von Wolf erhalte, seien „relativ positiv“.

 

Parallel zu den täglichen Versuchen, Wolf besuchen zu können, verfolgt man beim Landratsamt noch einen zweiten Weg. Wie heute erläutert wurde, hatte Taglieber bereits am 12. Mai  beim zuständigen Betreuungsgericht am Amtsgericht Pfaffenhofen angeregt, für die Verständigung über den Ausgang der Wahl einen Betreuer zu bestellen. So hätte aus Sicht der Kreisbehörde die Möglichkeit bestanden, durch ein ärztliches Sachverständigen-Gutachten Gewissheit über die passive Verfahrenshandlungsfähigkeit von Wolf zu bekommen.

Wäre diese Expertise positiv ausgefallen, hätte der Wahlleiter sogleich die Verständigung von Martin Wolf durchführen können. Wäre sie dagegen negativ ausgefallen, hätte das Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen können. „Die Verständigung über den Ausgang der Wahl hätte dann an den Betreuer erfolgen können, der dann in der Lage gewesen wäre, die Belange des Gewählten in seinem Sinne zu schützen, wie bei jeder anderen Betreuung auch“, teilte das Landratsamt dazu heute mit.

 

Bekanntlich hat es das Amtsgericht aber abgelehnt, ein solches Verfahren einzuleiten und ein Gutachten für den Gesundheitszustand von Wolf erstellen zu lassen. Taglieber hat bereits eine juristische Prüfung des Schreibens, das aus dem Amtsgericht ankam, in Auftrag gegeben. Demnach werde er seine Argumente dem Betreuungsgericht nochmals vortragen. Rechtsmittel wurden nicht eingelegt, wie auf Anfrage unserer Zeitung erklärt wurde. Man wolle sich aber mit dem Amtsgericht ins Benehmen setzen und seine Sicht der Dinge nochmals darlegen, um eventuell eine andere Entscheidung des Gerichts zu erreichen. 

Falls sich das Gericht umstimmen ließe, drohen allerdings schon wieder weitere Unklarheiten. Sollte nämlich das Gericht letztlich zu dem Schluss gelangen, dass zur Verständigung über den Ausgang der Wahl doch ein Betreuer eingesetzt wird, dann könnte – so die Sichtweise des Wahlleiters – dieser Betreuer anstelle von Martin Wolf über Wolfs Wahlsieg verständigt werden. Die einwöchige Frist würde dann beginnen zu laufen. Aber: Kann ein Betreuer eine so höchstpersönliche Entscheidung, wie die Annahme einer Landrats-Wahl, überhaupt anstelle des Betreuten treffen?

 

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