Logo
Anzeige
Anzeige

Die morgige Sitzung des Klinik-Aufsichtsrats wird nicht nur mit Spannung erwartet, sie könnte richtungweisend sein.

Von Tobias Zell

Um wie viel teurer als die bislang gedachten 70 Millionen Euro wird die Generalsanierung der Pfaffenhofener Klinik? Wie lange dauert sie? Wie konnte es passieren, dass in den bisherigen Planungen Teile des Gebäudes gar nicht berücksichtigt worden sind? Wer hat das entschieden? Und auf welcher Grundlage? Warum hat der Aufsichtsrat das nicht bemerkt? Das sind brisante Themen in der Sitzung des Kontroll-Gremiums am Mittwoch. Außerdem wird eine grobe Kosten-Schätzung für einen möglichen Neubau vorgelegt. Ist ein Neubau, der jetzt erstmals offiziell diskutiert wird, eine echte Alternative oder zu teuer? So oder so: Es geht um viele offene Fragen – und um viele Nullen. Zum Stand der Dinge.

 

Als im August, mitten in der politischen Sommerpause, der Aufsichtsrat der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg zusammengerufen wurde, konnte man schon erahnen, dass wieder einmal die Hütte brennt. Und in der Tat: Was den Mitgliedern des Gremiums da von der neuen Geschäftsführung aufgetischt wurde, soll sie dem Vernehmen nach mächtig überrascht bis gehörig schockiert haben. Diese Offenbarung barg neuerlichen Zündstoff. 

Denn keine Rede war bislang davon, dass Teile des rund 30 Jahre alten Krankenhaus-Komplexes bei der Generalsanierung außen vor bleiben sollen. Doch genau das mussten Geschäftsführer Ingo Goldammer und Noch-Prokurist Christian Degen – sie sollen ab nächstem Jahr als Doppelspitze fungieren – den Aufsichtsräten mitteilen. Das bisherige Sanierungs-Konzept, das ihnen da offenbar von ihren Vorgängern – in erster Linie mutmaßlich Marcel John – hinterlassen worden war, beinhaltet nach Aussagen der beiden größtenteils nur förderfähige Bereiche des Krankenhausbetriebs. Dagegen seien nicht förderfähige Bereiche – konkret genannt wurden die Praxen im Erdgeschoss, die physikalische Therapie und die Küche – bislang nicht in die Planungen miteinbezogen gewesen. 

Das ist schon deshalb höchst verwunderlich, weil man bislang angesichts aller Diskussionen und öffentlichen Äußerungen davon ausgehen musste, dass die komplette Klinik saniert wird – und dass eben den Teil der Kosten, den der Freistaat Bayern nicht übernimmt, der Landkreis als Gebäude-Eigentümer bezahlt. Im Landratsamt ging man vor diesem Hintergrund grob von einem Eigenanteil des Kreises in einer Größenordnung um 20 Millionen Euro aus. Deshalb, so wurde unserer Redaktion auf Anfrage auch bestätigt, hat man im Zuge der Landkreis-Finanzplanung für die nächsten zehn Jahre auch jeweils zwei Millionen Euro per anno berücksichtigt.  

 

Noch deutlicher wird das Problem, wenn man die unmissverständlichen Antworten liest, die das Landratsamt auf zwei grundsätzliche Fragen unserer Zeitung schnell gegeben hatte. Ist der Landkreis (Landratsamt) – zum Beispiel bei der Haushalts- und Finanzplanung – bislang davon ausgegangen, dass die komplette Pfaffenhofener Klinik saniert wird? Antwort: „Ja.“ Gab es einen Beschluss von Landkreis-Gremien, dass – wie nun herauskam – Teile der Klinik nicht in die Sanierungs-Planungen einbezogen werden sollen? Antwort: „Nein.“  

Damit drängen sich mehrere Fragen förmlich auf: Wer hat wann, warum und auf welcher Grundlage entschieden, angeordnet oder verfügt, dass bestimmte Bereiche des Krankenhauses aus den Sanierungs-Planungen herausgehalten werden? Und wie ist das genau gelaufen, wenn es laut Landratsamt gar keinen entsprechenden politischen Beschluss gab? Immerhin gehört das Gebäude dem Landkreis. 

Es sei „nicht aktiv entschieden“ worden, diese Bereiche auszuklammern, hatte Bianca Frömer, die Sprecherin der Ilmtalklinik-GmbH, auf Anfrage erklärt. Zugleich sagte sie, dass zum Beispiel die vermieteten Praxen im Erdgeschoss bei den Sanierungs-Planungen „von Anfang an nicht berücksichtigt“ worden seien. Warum und auf wessen Geheiß hin man so verfahren war, das konnte Frömer aber auch nicht sagen. Das werde gerade „recherchiert“ und „rausgesucht“, hieß es, nachdem die Bombe geplatzt war.

 

Dem Vernehmen nach wurden in den vergangenen Wochen sämtliche Protokolle aus allen möglichen Sitzungen durchforstet, um herauszufinden, ob sich das noch irgendwie nachvollziehen lässt. Wurde die Kreispolitik hier düpiert? Wusste der Aufsichtsrat, der ja gerade eine Kontroll-Funktion innehat, wirklich nichts? Warum war das Landratsamt nicht informiert? Und vor allem: Wer ist verantwortlich für dieses Malheur, das die neuen Klinik-Führungskräfte Goldammer und Degen da aufgedeckt haben? 

Inzwischen ist aus Insider-Kreisen durchgesickert, dass es wohl tatsächlich keine Aufsichtsrat-Entscheidung gegeben haben dürfte. Ging das also ausgerechnet an den Kontrolleuren sowie an allen anderen maßgeblichen politischen Gremien komplett vorbei? Und wenn ja: Warum? Hinter vorgehaltener Hand heißt es, so manches Mitglied des Aufsichtsrats frage sich bereits durchaus selbstkritisch, ob man hätte genauer hinschauen, intensiver nachfragen müssen. 

Sogar von „mutliplem Organ-Versagen“ auf mehreren Ebenen wird schon geunkt. Nach dem Motto: Das könne doch einer allein gar nicht durchgezogen haben. Oder eben doch, sonst wäre es ja vielleicht eher aufgefallen? Eine Frage vereint indes wohl alle: Wer hat den Architekten und Planern den konkreten Auftrag erteilt, dass sie Teile der Klinik bei der anvisierten Generalsanierung nicht berücksichtigen sollen? Auf diese Frage werden in der morgigen Aufsichtsrat-Sitzung Antworten erwartet. Wohl auch von den beauftragten Büros.

 

Von der Klinik-Geschäftsführung hieß es auf Anfrage unserer Zeitung, man werde morgen „über den bisherigen Werdegang der Generalsanierung“ und „deren beschlussmäßige Abhandlung im Aufsichtsrat“ berichten. Außerdem werde vom Projektsteuerungsbüro über das der Generalsanierung zugrunde liegende Medizinkonzept, den aktualisierten Zeitplan und die aktualisierte Kostenschätzung informiert. 

Das bedeutet, wie bereits berichtet, nichts anderes, als dass die eigentlich unmittelbar bevorstehende Generalsanierung noch einmal komplett neu aufgerollt und beleuchtet wird. Sowohl, was den Umfang als auch, was die Dauer und die Kosten betrifft. Nach Informationen unserer Zeitung sind die gut 70 Millionen Euro, die bislang im Raum standen, wohl nicht zu halten – denn es soll ja eben das ganze Krankenhaus saniert werden. Dem Vernehmen nach darf man sich eher auf mindestens 80 oder gar bis zu 100 Millionen Euro einstellen. Die Aufsichtsräte werden es morgen erfahren. Die Klinik-Geschäftsführung wollte sich dazu auf Anfrage vorab nicht äußern: „Auf Grund der Nichtöffentlichkeit der Sitzung kann zu Inhalten keine Auskunft erfolgen.“

Nicht realistisch ist dem Vernehmen nach auch der Zeitraum von zehn Jahren, der bislang für die Generalsanierung anvisiert worden war. Während dieser von Beginn an als „sportlich“ und „sehr ambitioniert“ beurteilt wurde, gehen Insider inzwischen davon aus, dass man sich eher auf 15 Jahre einstellen möge. Die längere Bauzeit könnte wiederum zusätzlich die Kosten erhöhen. Wie sich eine solche Dauer-Baustelle auf das Patienten-Aufkommen und damit auf das Geschäftsergebnis auswirken könnte, darüber kann man wohl nur spekulieren.

 

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund – es wird wohl teurer und dauert wohl länger – wurde nun erstmals offiziell ein möglicher Neubau thematisiert. Zumindest will man sich mit dieser Variante befassen. Die neue Geschäftsführung informierte zuletzt die Mitglieder des Aufsichtsrats darüber, dass die vorherigen Geschäftsführungen keine Berechnungen für die Option eines „Ersatz-Neubaus“ eingeholt hatten. Somit „erfolgte keine unmittelbare Gegenüberstellung der Kosten für einen Neubau im Vergleich zur Generalsanierung“. Was durchaus verwundert: Bevor man 70 oder noch mehr Millionen Euro in ein 30 Jahre altes Gebäude steckt, lässt man sich in der Regel zumindest mal grob durchrechnen, was ein Neubau kosten würde. 

Das wurde inzwischen nachgeholt. Wie unserer Redaktion aus der Geschäftsführung bestätigt wurde, sollte ein unabhängiger Fachmann, der auch nicht in die Sanierungs-Planungen involviert ist, ermitteln, was ein Krankenhaus-Neubau in etwa kosten würde. Auch dieses Ergebnis wird morgen dem Aufsichtsrat präsentiert. Laut Klinik-Leitung „wird eine Grobkostenschätzung einer unabhängigen externen Planungsgesellschaft zu einem Klinik-Neubau vorgelegt“. Mit Verweis auf die Nicht-Öffentlichkeit der Sitzung wollte man auch dazu keine Details nennen. 

Ungeachtet dessen darf man wohl konstatieren: Je mehr sich die geplante Generalsanierung – ausgehend von den 70 Millionen Euro – laut aktualisierter Schätzung verteuert und je länger sie nach neuem Stand dauern wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass man sich ernsthaft mit der Alternative eines Neubaus befasst. Damit stünden freilich wieder viele neue Fragen im Raum: Wo soll dieses neue Krankenhaus entstehen? Wann könnte es fertig sein? Muss das alte Gebäude, zumindest teilweise, trotzdem saniert werden? Klar scheint: Es wird weiterhin viel Gesprächsstoff geben, ob Sanierung oder Neubau. 

Bisherige Beiträge zum Thema:

Ab Oktober werden Parkgebühren am Pfaffenhofener Krankenhaus fällig

Geburten-Rekord an der Ilmtalklinik

Vor dem Untergang bewahrt

Ilmtalklinik liefert neuen Zündstoff

Wird die Pfaffenhofener Klinik komplett neu gebaut?

ÖDP kritisiert Westner und lehnt Doppel-Spitze für Klinik ab

Dauerhafte Doppelspitze für die Ilmtalklinik?

Nach langer Vakanz: Ilmtalkliniken haben wieder einen Ärztlichen Direktor

"Diskutiert wurde genug, wir wollen Ergebnisse sehen"

Politische Rettungsaktion

Beispielloses Großprojekt in Pfaffenhofen

Trendwende an der Ilmtalklinik?

Die Wogen scheinen sich zu glätten

Operation Schwarzbau?

Rettungsanker für das Therapie-Becken?

Rundumschlag zur Ilmtalklinik: "Sind jetzt alle verrückt geworden?"

Parkgebühren an der Ilmtalklinik kommen

Der nächste Aufreger an der Ilmtalklinik

Ilmtalklinik-GmbH bekommt vorerst eine Doppelspitze

"Mich hat keiner um Rat gefragt" 

Operation läuft: Das Ziel ist der Weg

Ilmtalklinik: Staatsanwaltschaft sieht keine strafrechtliche Dimension 

Ilmtalklinik im Fokus der Staatsanwaltschaft

Brandheiße Entscheidungen an der Ilmtalklinik

Spiel mit dem Feuer an der Ilmtalklinik

Ilmtalklinik-GmbH bleibt tief in den roten Zahlen

Ilmtalklinik-GmbH steuert auf Rekord-Defizit zu 

Großbaustelle Ilmtalklinik-GmbH

Bald Parkgebühren an der Ilmtalklinik?

So sollen die Ilmtalkliniken gerettet werden

Ermittlungsverfahren gegen Ex-Klinik-Chef Woedl eingestellt

"Klinik-Allianz wird nicht in Frage gestellt"

Ilmtalkliniken: Privatisierung oder Übernahme kein Thema mehr 

Massive Personal-Kürzung an der Ilmtalklinik?

"Ja zur Ilmtalklinik – ohne Wenn und Aber"

"Unser Krankenhaus steht im Dienst der Gesundheit, nicht der Rendite"

John kann vorzeitig gehen

Operation Ilmtalklinik

Ilmtalklinik: Sofort-Maßnahmen zur Defizit-Senkung

Im Osten was Neues

Operation abgebrochen

Ilmtalklinik-Chef Marcel John hat gekündigt

"Lauter Dumme": Stockmaier distanziert sich von Böcks Aussagen

"Wenn der Landkreis lauter Dumme da hinschickt"

FDP fordert: Nur Fachleute in den Klinik-Aufsichtsrat 

Langwierige Ermittlungen wegen Betrugs-Verdachts

Grünes Licht für Akutgeriatrie an der Ilmtalklinik  

Da schau hin! 

Zukunft der Ilmtalkliniken ungewiss 

Ilmtalklinik macht 5,1 Millionen Euro Defizit 

Krisen-Sitzung zur Ilmtalklinik? 

Neuer Chefarzt an den Ilmtalkliniken 

Ilmtalklinik ist jetzt Fachzentrum für Hüft- und Kniegelenke

Betrugs-Ermittlungen gegen Ex-Klinik-Chef Woedl laufen nach wie vor

Erneuter Wirbel um die Pfaffenhofener Ilmtalklinik

Betrugs-Ermittlungen gegen Ex-Klinik-Chef Woedl 

"Erneut schwierige Phase" 

Schwierige Operation 

Ilmtalkliniken: Defizit höher als geplant 

Klinik-Sanierung kostet bis zu 70 Millionen Euro  

Zwei Landkreise, zwei Kliniken, eine GmbH: Wer zahlt was? 


Anzeige
RSS feed