Diese Frage wird zu klären sein, wenn künftig weniger Politiker und mehr Spezialisten in dem Gremium sitzen sollen. Die Grünen fordern zudem mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmer.
(zel) Angesichts der neuerlichen Aufregung um die Pfaffenhofener Ilmtalklinik, die zur Folge hatte, dass die Generalsanierung auf Eis gelegt wurde, machen sich die führenden Köpfe der Kreis-CSU – wie berichtet – für eine "Neuausrichtung" der Klinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg stark. Diese müsse im Rahmen eines medizinischen Gesamtkonzepts klar definiert werden, danach richte sich dann der Umfang der Sanierung. Offen zeigten sich die Christsozialen auch, was eine Umbesetzung des Klinik-Aufsichtsrats angeht.
Mittelfristig dürfe es, so hatte die CSU vor zwei Wochen per Pressemitteilung wörtlich erklärt, "keine Denkverbote geben", was die Umbesetzung des Aufsichtsrats anbelange. "Hier sollte die Besetzung mit ausgewiesenen Spezialisten aus dem Finanz- und betriebswirtschaftlichen Bereich sowie aus dem Gebäude- und Krankenhaus-Management – statt einer politischen Führung – durchaus eine Überlegung sein", hieß es dazu. Die Forderung nach mehr Experten und weniger Politikern im Aufsichtsrat ist indes keinesfalls neu, sie wurde von politischen Mitbewerbern bereits mehrfach geäußert – hat nun aber unzweifelhaft neuen Schwung bekommen.
Der Kreisverband der Grünen begrüßt diesen Anstoß der CSU – setzt aber gleich noch einen drauf. Die Chance, die Kompetenz der Mitarbeiter im Aufsichtsrat zu nutzen, habe sich der Kreistag bei der Besetzung des Gremiums im Jahr 2014 entgehen lassen. „Vielleicht wäre es jetzt, wenn man sich – wie die CSU schreibt – keine Denkverbote auferlegt, die Gelegenheit, über eine adäquate Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik zu sprechen“, so Grünen-Kreischefin Kerstin Schnapp.
Es sei – so erklären die Grünen inzwischen Allgemeingut in der Unternehmensführung, dass die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, gerade im Aufsichtsrat, Konflikte mindere und Unternehmen weniger krisenanfällig mache. „Hier könnte Kreispolitik von der Wirtschaft lernen“, finden die Grünen. Eine Studie von Roland Berger aus dem Jahre 2003 belege, dass diejenigen Unternehmen, die ihre Vorgehensweise intensiv mit den Mitarbeitern abstimmten, wesentlich weniger krisenanfällig seien sowie besser und schneller eingetretene Krisen überwinden würden.
Als Grund hierfür nenne die Studie folgende Punkte: Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten hätten sehr gute Kenntnisse über Strategien, Zusammenhänge und Abläufe in ihrem Unternehmen. Sie könnten oft deutlich besser als unternehmensfremde Aufsichtsrat-Vertreter die Risiko- und Erfolgsfaktoren des Unternehmens abschätzen sowie Bewertungen und Hintergründe von Zahlen und Aktivitäten einbringen. Aufgrund ihrer guten Kenntnis über Unternehmens-Zusammenhänge seien es oft die Arbeitnehmer-Vertretungen in den Aufsichtsräten gewesen, die vor Unternehmenskrisen und -zusammenbrüchen gewarnt hätten.
Jedes „normale“ Unternehmen in der Größe der Ilmtalklinik-GmbH, so betonen die Grünen, werde vom Gesetzgeber dazu verpflichtet, seinen Aufsichtsrat zu einem Drittel mit Arbeitnehmer-Vertretern zu besetzen. Der Landkreis habe sich bis dato darauf berufen, dass die Ilmtalklinik ein Tendenzbetrieb sei. „Natürlich ist es rein rechtlich möglich, sich als gemeinnütziges Unternehmen in kommunaler Hand auf den Tendenzschutz zu berufen, um Arbeitnehmerrechte zu beschneiden“, räumt Schnapp ein, fragt aber zugleich: „Aber ist es sinnvoll, nur weil es rechtlich möglich ist, sich auf diese Ausnahme zu berufen?“
„Warum sollte, was für deutsche Unternehmen in Krisenzeiten gilt, nicht auch für die Ilmtalklink gelten?“, so Schnapp. Wenn die CSU ernsthaft bemüht sei, eine neue Struktur im Aufsichtsrat zu schaffen, „dann sollte man gerade bei einem so sensiblen Thema wie der Ilmtalklinik gut darüber nachdenken, wie man das Gremium zukunftsorientiert und krisenfest umstrukturiert“. Eine „angemessene Mitbestimmung“ der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Ilmtalklinik, wie es das Drittel-Beteiligungs-Gesetz, vorsehe, wäre aus Sicht der Grünen ein wichtiger Schritt hierzu.
Die nun im Raum stehende Umstrukturierung des Klinik-Aufsichtsrats war auch Thema bei der Klausur-Tagung, zu der die Spitzen der Kreistags-Fraktionen kürzlich mit Vize-Landrat Anton Westner (CSU) in Riedenburg (Kreis Kelheim) zusammengekommen waren. Man habe „in aller Ausführlichkeit“ über die verschiedenen Möglichkeiten zur Besetzung des Gremiums gesprochen, hieß es nach dem Treffen aus dem Büro des Landrats. Eine Entscheidung sei allerdings noch nicht gefallen. Hierzu müsste noch eine „intensive Meinungsbildung“ in den Fraktionen stattfinden, so Westner.
Zu klären sein wird freilich unter anderem, wer von den Politikern seinen Sitz in dem Kontroll-Gremium – freiwillig – zur Verfügung stellt. Außerdem betrifft dieses Thema zwei Landkreise. Denn die Klinik-GmbH mit ihren beiden Krankenhäusern in Pfaffenhofen und Mainburg wird von den Kreisen Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent) getragen. Entsprechend dieser Anteile gleichen die beiden Kreise auch das Defizit aus dem laufenden Geschäftsbetrieb aus. Im vergangenen Jahr waren das rund 4,8 Millionen Euro.
Hier lesen Sie, wer aktuell im Aufsichtsrat sitzt.
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