Acht Monate nach seinem schweren Verkehrsunfall hatte der Pfaffenhofener Landrat gestern Abend seinen ersten offiziellen Auftritt.
Von Tobias Zell
Er sei "wahnsinnig glücklich", sagte der Landtagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Karl Straub gestern Abend bei der Begrüßung zur Delegierten-Versammlung im Gasthof Bogenrieder in Pörnbach und verwies auf einen "ganz besonderen Gast": Landrat Martin Wolf (CSU), der knapp acht Monate nach seinem schweren Unfall nun auch offiziell wieder da ist. Gestern kehrte er, wie berichtet, ins Amt zurück und absolviert nun eine Wiedereingliederungs-Phase. Er berichtete in zum Teil sehr persönlichen Worten von seiner Genesung und schloss sein Grußwort an die Parteifreunde mit einer klaren Botschaft: Den Satz "Ich bin wieder der Alte" werde man von ihm nicht hören.
Wolfs erster Arbeitstag nach dem schrecklichen Verkehrsunfall vom 2. April bescherte ihm gestern am Abend dann auch gleich seinen ersten offiziellen Auftritt. Der "sehr, sehr freundliche Applaus", den ihm seine Parteifreunde beschert hätten, habe ihm gut getan und ihn sehr gefreut, sagte er. Es sei eine "wunderbare Fügung", dass sein erster Arbeitstag mit dieser Versammlung zusammenfalle, betonte er – das sei allerdings nicht eigens geplant gewesen, sondern Zufall.
Während einer zwei Wochen andauernden Wiedereingliederungs-Phase werde sich Wolf nun "schrittweise in die Amtsgeschäfte einarbeiten", teilte sein Büro in einer gestern veröffentlichten Presseerklärung mit. Die Gesamtverantwortung trage in dieser Zeit weiterhin Vize-Landrat Anton Westner (CSU). Der in krankheitsbedingter Abwesenheit im Mai mit fast 75 Prozent wiedergewählte Landrat beginnt die gestartete Wiedereingliederungs-Phase zunächst mit einer Arbeitszeit von täglich vier Stunden. "Halbe Tage", so nannte es Wolf gestern. Das Pensum werde stufenweise erhöht. Nächste Woche würden seine Arbeitstage dann schon länger.
Wolf dankte gestern seinen Parteifreunden für die Unterstützung bei seiner Wiederwahl. Er selbst konnte ja in die entscheidende Phase des Wahlkampfs nicht eingreifen, war ans Bett gefesselt. Der CSU-Politiker, mit dem Motorrad unterwegs, war am 2. April in den folgenreichen Unfall verwickelt worden. Das Unglück ereignete sich gegen 12.05 Uhr auf der A 99 in Richtung Stuttgart. Wolf wurde auf dem Verzögerungsstreifen der Anschlussstelle München-Neuherberg von einem Auto erfasst. Eine 53-jährige VW-Fahrerin war nach Angaben der Polizei mit ihrem Pkw auf das vor ihr fahrende Honda-Motorrad des 61-Jährigen aufgefahren.
Wolf wurde mit schweren Verletzungen per Rettungshubschrauber in ein Klinikum geflogen. An der heißen Phase des Wahlkampfs konnte er damit gar nicht aktiv teilnehmen. Unter dem Motto „Wir für Martin“ warben seine Parteifreunde derweil für ihn um Unterstützung. Das Drama fand einen weiteren tragischen Höhepunkt, als wenige Tage vor der Wahl bekannt wurde, dass Wolf durch den Unfall an Amnesie leidet – sprich: Gedächtnisstörungen beziehungsweise Erinnerungslücken hat.
Das Ergebnis, das Wolf dann am 7. Mai bei der Landrats-Wahl erhielt, war sensationell. Auf ihn entfielen überwältigende 74,6 Prozent der Stimmen – das waren 24 746. Bei Norbert Ettenhuber von den Grünen machten 4237 Bürger ihr Kreuzchen, das entspricht 12,77 Prozent. FDP-Kandidat Franz Niedermayr konnte 4188 Stimmen auf sich vereinen, das bedeutete 12,63 Prozent. Am 2. August begann die zweite Amtszeit von Martin Wolf, während er sich im Krankenstand befand.
Wolf berichtete gestern Abend, dass er sich bei dem Unfall unter anderem sämtliche Rippen gebrochen hatte. Ein Unglück, das noch Nachwehen haben könnte. Die Auswirkungen könnten zwei bis drei Jahre zu spüren sein, sagte er unter Berufung auf die Angaben der Ärzte. Zuletzt war Wolf bekanntlich auf Heim-Reha. Und da sei ihm schließlich schon ein bisschen die Decke auf den Kopf gefallen, wie er sagte. Er habe sich jedenfalls gefreut, dass er nun wieder ins Büro gehen könne. Sein Dank galt einmal mehr Vize-Landrat Westner, der ihn über Monate vertreten hat – und das ja auch weiterhin noch tut. "Hervorragend" habe „der Toni“ das gemacht, lobte Wolf. Westner sei ein geradliniger Mensch, mit dem man nicht Schlittenfahren könne – und das habe auch etwas für sich.
Sein Abschneiden bei der Landrats-Wahl sei "erstaunlich gut" gewesen, blickte Wolf noch einmal auf seinen famosen Erfolg zurück, von dem er im Krankenhaus erfuhr. Dieses Ergebnis sei "sehr motivierend" gewesen, auch für die Rückkehr ins Berufsleben. "Die Rückkehr ins Amt war immer ein Antrieb", hatte er bereits Mitte Oktober in einem ausführlichen Gespräch mit unserer Zeitung erklärt.
Nach einem solchen Unfall, sagte er in diesem Interview, nach einem dermaßen "prägenden Ereignis", ändere sich der Blick auf das Leben und die Dinge. "Man ist garantiert nicht mehr derselbe wie vorher", sagte Wolf – auch im Umgang mit den Mitmenschen und deren Betrachtung. Er habe jetzt mehr Verständnis, führte er dazu aus: "Ich gebe den Menschen eine zweite und dritte Chance, wo ich das vielleicht vorher nicht getan habe."
Diesen Gedanken griff Martin Wolf auch gestern Abend vor seinen Parteifreunden auf. "Ich bin wieder der Alte" oder "Ich werde wieder der Alte" – diesen Satz werde man von ihm nicht zu hören bekommen, versicherte er. Denn ein solches Ereignis präge einen und verändere den Blick auf das Leben. Er werde künftig nicht mehr so schnell sein Urteil fällen.
Wolf erhielt viel Applaus, was ihn wiederum sichtlich bewegte. Zwar war er gestern Abend nur ein Gast auf der Veranstaltung, denn es ging ja darum, die Stimmkreis-Kandidaten für die Landtags- und die Bezirkstags-Wahl zu küren. Doch er war zumindest der heimliche Hauptdarsteller. Einen ausführlichen Bericht über die Nominierung der Bewerber lesen Sie hier: "Ohne Euch bin ich nichts"
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