Kontroverse Debatte im Pfaffenhofener Kreistag: CSU wenig angetan, SPD beendete die Diskussion.
Von Tobias Zell
Aus der FDP-Fraktion im Pfaffenhofener Kreistag ist in der heutigen Sitzung der Vorstoß gekommen, die anstehenden Klinik-Sanierungen in Pfaffenhofen und Mainburg noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und stattdessen den Neubau eines Krankenhauses in Betracht zu ziehen. „Wir dürfen nicht so weitermachen“, appellierte Ex-Landrat Josef Schäch. Er sprach von einer sich bietenden Chance, aus zwei Häusern eines zu machen. Nicht über diese Möglichkeit nachzudenken, sei „das Dümmste“, was man tun könne.
Ingo Goldammer, einer der beiden Geschäftsführer der Ilmtalklinik-GmbH mit ihren Standorten in Mainburg und Pfaffenhofen, hatte zu Beginn des öffentlichen Teils der Sitzung noch einmal die neue medizinische Strategie erläutert. In Pfaffenhofen will man demnach unter anderem Schwerpunkte ausbauen, in Mainburg sollen alle vorhandenen Fachrichtungen erhalten und die so genannten planbaren Leistungen intensiviert werden.
Dieser Kurs, „Strategie 20“ genannt, kann auch deshalb eingeschlagen werden, weil sich im Landkreis Kelheim der Kreis- und der Gesundheits-Ausschuss klar für diese Variante ausgesprochen hatten. Das bedeutet aber auch, dass die niederbayerischen Nachbarn die entsprechenden Gelder für die baulichen (Sanierungs-)Maßnahmen bereitstellen müssen, die nicht durch Zuschüsse gedeckt werden. Jedenfalls scheinen die Überlegungen von einem Plan B – ein abgespecktes Mainburger Krankenhaus – vom Tisch.
Das Pfaffenhofener Krankenhaus zählt 220 Betten, das in Mainburg 100. Wie der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU), zugleich Vorsitzender des Klinik-Aufsichtsrats, unter Berufung auf Angaben des zuständigen Ministeriums darlegte, sei eine Gesamtzahl von 300 Betten für eine Vollauslastung der Abteilungen nötig. Mit den 200 Betten in Pfaffenhofen könne man nicht in die schwarzen Zahlen kommen, sagte er – deshalb sei der Zusammenschluss der beiden Häuser auch für den Kreis Pfaffenhofen wichtig.
Die Klinik-GmbH steckt seit mehreren Jahren in den tiefroten Zahlen, das Defizit aus dem laufenden Geschäftsbetrieb lag zuletzt jeweils bei knapp unter fünf Millionen Euro per anno. Auszugleichen haben das stets die beiden Landkreise Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent) entsprechend ihrer Anteile. Heuer sieht der Wirtschaftsplan eine deutliche Reduzierung des operativen Fehlbetrags auf 3,99 Millionen Euro vor.
Über eine Verteilung der Geschäftsanteile – und damit über die Verteilung des Defizit-Ausgleichs – könne man eventuell noch einmal reden, meinte Wolf. Zuletzt waren hinter vorgehaltener Hand im Kreis Pfaffenhofen vereinzelt Stimmen laut geworden, wonach der Kreis Kelheim zu wenig vom Defizit decken würde. Allerdings: Dem Vernehmen nach wollte der Landkreis Kelheim seinerzeit bei der Fusion der beiden Kliniken gerne mehr Geschäftsanteile, blitze aber in Pfaffenhofen ab. Jetzt, da die Zeiten der schwarzen Zahlen Vergangenheit sind, sieht man das offenbar anders.
Ungeachtet dessen: Für Josef Schäch ist das anvisierte Konzept für die Klinik-GmbH zum Großteil nicht mehr als ein „Weiter so“. Sein Herz hängt offensichtlich nicht an dem Erhalt der beiden Standorte. Denn, so führte er aus: Die Patienten würden dorthin fahren, wo sich die entsprechenden Fachabteilungen befänden und wo ein guter Ruf herrsche. Wenn man jetzt aber einfach weitermache, dann gehe man einen Weg, den man schon seit zehn, 15 Jahren beschreite. Er sieht jetzt die Gelegenheit, tiefer nachzudenken, und wirbt für ein „Rechen-Exempel“.
Schäch, früher selbst Landrat von Pfaffenhofen, zeigte sich heute der Meinung, dass man aus den beiden Klinik-Standorten ein gemeinsames Haus machen sollte. Ein Neubau sei nicht viel teurer und werde auch gefördert, sagte er mit Blick auf die sowohl in Mainburg als auch in Pfaffenhofen anstehenden Sanierungs-Maßnahmen. Jede Sanierung wäre laut Schäch nicht nur „ein enormer Kompromiss“, sondern eine Belastung für Personal und Patienten. „Wir haben jetzt alle Zeit der Welt“, befand er und appellierte an das Gremium, einen Neubau als Alternative in Betracht zu ziehen. Nicht einmal über diesen Vorschlag nachzudenken, wäre „das Dümmste, was mach machen könnte“.
Reinhard Heinrich, Chef der CSU-Fraktion im Kreistag und Bürgermeister von Reichertshausen, winkte ab. Das sei „purer Wahlkampf“. Bekanntlich kandidiert Schäch im Stimmkreis Pfaffenhofen als FDP-Bewerber für den Landtag, um dem Abgeordneten Karl Straub das Direkt-Mandat streitig zu machen. Straub, auch Chef der Christsozialen im Landkreis, zeigte sich schon aus finanziellen Gründen wenig angetan von einem möglichen Krankenhaus-Neubau. Das sei im Aufsichtsrat einstimmig abgelehnt worden, erläuterte er inzwischen auf Facebook. „Neben den reinen Baukosten gibt es unzählige Nebenkosten. Es gibt zudem noch einen nahezu einstimmigen Beschluss in Kelheim, dass auch dort kein Neubau geplant wird.“
Klinik-Geschäftsführer Goldammer erklärte heute, dass ein Neubau tatsächlich geprüft worden sei. Die Kosten dafür hätten „ungefähr gleichauf“ mit denen für die Sanierung gelegen – allerdings ohne das nötige Grundstück für einen Neubau. „Da brauche ich nicht überlegen“, kommentierte Schäch. AUL-Kreisrat Michael Franken, Rathauschef von Reichertshofen, verwies darauf, dass es bei der Realschule in Geisenfeld auch gerade auf einen Neubau hinauslaufe, weil eine Sanierung nur etwa 20 Prozent billiger wäre. Straub hielt dagegen: Es sei bei weitem nicht so, dass ein Klinik-Neubau nur soviel kosten würde wie die Sanierung.
Unklar musste in der Debatte allerdings bleiben, von welchen konkreten Zahlen überhaupt jeweils gesprochen wird. Allein, was die Kosten für die umfangreiche Sanierung des Pfaffenhofener Krankenhauses angeht, wurden in den vergangenen Monaten Größenordnungen zwischen 70 und weit über 100 Millionen genannt. Hinzu kommen noch einmal etwa 40 Millionen für die Sanierung der Mainburger Klinik. Hinter vorgehaltener Hand machte auf der anderen Seite zuletzt die Runde, dass ein Neubau in Pfaffenhofen um die 130 Millionen Euro kosten könnte.
Jens Machold (CSU) proklamierte, man habe sich doch darauf verständigt, dass man von Vermutungen nichts mehr wissen wolle. „Keine weiteren Spekulationen“, forderte er und warb für eine „Rückkehr zur Faktenlage“. Altlandrat Rudi Engelhard (CSU) meinte, man könne den Standort der Pfaffenhofener Klinik auch gar nicht ohne weiteres in Frage stellen.
Landrat Wolf räumte ein, der von Schäch aufgeworfene Gedanke sei durchaus „ernsthaft zu prüfen“. Er verwies aber auch auf zwei gut eingeführte Krankenhaus-Standorte in Mainburg und Pfaffenhofen und erinnerte daran, dass die Kelheimer Kreispolitiker sich gerade erst deutlich für den Erhalt des Mainburger Krankenhauses ausgesprochen hatten. Ziel sei es, die Grund- und Regelversorgung für eine älter werdende Gesellschaft sicherzustellen – das könne man am besten in kommunaler Form.
Schäch entgegnete: Keiner zweifle die kommunale Trägerschaft an. Ihm gehe es darum, aus den beiden Häusern eines zu machen. Den entsprechenden Antrag werde er nachreichen, kündigte er an. Das Thema dürfte dann in der nächsten Sitzung des Kreistags behandelt werden.
Man habe sich doch zuvor im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung darauf geeinigt, dass man keine Diskussion mehr führen wollte, kritisierte Straub – und jetzt fange man die größtmögliche Debatte an. Er betonte noch einmal, dass seiner Meinung nach die Neubau-Kosten wesentlich höher als die Sanierungs-Kosten wären. Diese Diskussion brauche man nicht, lautet sein Fazit zum Schäch-Vorschlag.
Das sah FDP-Fraktionschef Thomas Stockmaier freilich anders: Er sei froh, dass man endlich einmal ordentlich diskutiere, und monierte zugleich, dass versucht werde, die Debatte abzuwürgen. Kerstin Schnapp (Grüne) regte eine weitere Kreistag-Sitzung zu Krankenhaus-Themen an, in der dann neben Schächs Vorschlag zum Beispiel auch drei bereits vorliegende Anträge der Grünen behandelt werden mögen. „Wir könnten im Jahr sechs Sondersitzungen zur Ilmtalklinik halten“, konterte Wolf. SPD-Fraktionschef Martin Schmid stellte nun einen Antrag zur Geschäftsordnung – auf Ende der Debatte zu diesem Thema. Dem wurde mehrheitlich zugestimmt.
Reaktion aus dem Kreis Kelheim:
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